piwik no script img

Pressekonzern muß Zeitung stoppen

Berlin (taz) — Im Rechtsstreit der Berliner Treuhandanstalt gegen die „Westfälische Allgemeine Zeitung- Invesitionsgesellschaft mbH & Co. Betriebs-KG“ kann die Berliner Behörde einen ersten Erfolg verbuchen. Mit Beschluß vom 4.Juli erging von der Kammer für Handelsangelegenheiten des Kreisgerichts Gera-Stadt eine einstweilige Verfügung gegen den Ableger des Essener Zeitungskonzerns, der mit fragwürdigen Methoden die ehemalige SED- Bezirkszeitung 'Ostthüringer Nachrichten‘ (OTN) praktisch geschluckt hat. Unter anderem aus kartellrechtlichen Gründen war der 'WAZ‘ von der Treuhand die Übernahme dieser Regionalzeitung mit einer Auflage von über 200.000 verweigert worden. Daraufhin haben die Essener mit der abgeworbenen 'OTN‘-Redaktion und in deren alten Räumen die 'Ostthüringer Zeitung‘ (OTZ) ausgerufen und an den Abonnentenstamm der 'OTN‘ verschickt.

Jetzt ist der WAZ-Gesellschaft unter Androhung von 500.000 Mark Ordnungsgeld gerichtlich untersagt, redaktionelle oder sonstige Mitarbeiter der 'OTN‘ im eigenen Namen und auf eigene Rechnung für die 'OTZ‘ zu beschäftigen. Ferner dürfen die Räume der 'OTN‘ nicht für eigene Zwecke genutzt und auch nicht die Behauptung aufgestellt werden, die 'Ostthüringer Nachrichten‘ existierten nicht mehr. Der neue verwechslungsfähige Titel 'Ostthüringer Zeitung‘ darf nicht mehr verwendet werden. Darüber hinaus dürfte der Vertreib der 'OTZ‘ in sich zusammenfallen, da laut Gerichtsbeschluß die Abonnentenlisten der 'OTN‘ nicht weiter bedient werden dürfen. Der Streitwert des Verfahrens wurde auf zehn Millionen Mark festgesetzt.

Unterdessen wurde gegen den Geschäftsführer des Essener Medien- Konzerns „Westdeutsche Allgemeine Zeitungsverlagsgesellschaft“ vom Bezirksgericht Gera ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nach Überzeugung des Chefredakteurs der neugegründeten 'Ostthüringer Zeitung‘, Ullrich Erzigkeit, wird das Blatt auch weiterhin erscheinen. Fraglich sei noch, ob der Titel beibehalten werden könne. Gegen den Gerichtsbeschluß werde auf jeden Fall ein „Veto“ eingelegt. bg

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen