: Länder pokern ergebnislos ums ZDF
Unterzeichnung der Rundfunkstaatsverträge verschoben ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Weil der bayerische Emmissär Otto Wiesheu auf einer Mehrheit der Bonner Koalition in den ZDF-Aufsichtsgremien bestanden hat, ist auf der Ministerpräsidentenkonferenz in Hannover die Unterzeichnung aller sechs Medienstaatsverträge gescheitert. Mit ihnen sollten vor allem die fünf neuen Länder in die „gemeinsame Rundfunkordnung“ einbezogen werden. Nach fünfstündigen Verhandlungen gingen die Teilnehmer auseinander, ohne in der strittigen Frage der Zusamensetzung von ZDF-Verwaltungs und -Fernsehrat einen Kompromiß gefunden zu haben.
Dabei schien zwischenzeitlich die Runde im Poker um den Einfluß auf das ZDF schon einem Kompromiß nahe: Den Arbeitsgruppenvorschlägen, die den SPD-regierten Ländern eine Fernsehrats-Mehrheit von einer Stimme und später dann nur noch die Stimmengleichheit sichern sollten, gaben mit Ausnahme von Bayern alle Bundesländer ihre Zustimmung. Doch der bayerische Wissenschaftsstaatssekretär Otto Wiesheu, der in Hannover wohl mehr die CSU-Medienkommission als seinen Ministerpräsidenten vertrat, blieb bis zum Ende hart. Diese Haltung habe deutlich gemacht, „daß die Konservativen unabhängig vom Ausgang der Landtagswahlen das ZDF als ihren Beutesender betrachten“, sagte der Sprecher der niedersächsischen Landeregierung später.
Allerdings soll auch der bisherige ZDF-Staatsvertrag, der seit 1961 unverändert die Zusammensetzung der Gremien regelt, gerade die Staatsferne der Sendeanstalt garantieren. Im ZDF-Fernsehrat, der nach den hannoverschen Kompromißvorschlägen von 68 auf 78 Mitglieder aufgestockt werden sollte, sind die Parteien nur auf dem Umweg über „gesellschaftlich relevante Gruppierungen“ vertreten. Die SPD-regierten Länder traten dafür ein, den Fernsehrat zu modernisieren und etwa den Umweltverbänden dort zwei Sitze zu verschaffen. Otto Wiesheu wollte im Gegenzug die Paneuropa-Union und ausgerechnet die „Werbewirtschaft“ in den Fernsehrat aufnehmen.
Unstrittig war von vornherein, daß die fünf neuen Länder jeweils einen zusätzlichen „gesellschaftlich relevanten“ (Parteien-)Vertreter in das Aufsichtsgremium schicken sollten. Vierzehn Mitglieder sollte der Fernsehrat nach dem letzten Kompromißvorschlag haben. Ein Sitz sollte wie bisher dem Bund oder Otto Graf Lambsdorff zustehen, fünf Sitze (drei die SPD und zwei die CDU) sollten die Länder beschicken, die übrigen acht der Fernsehrat. Um aber die CDU-Mehrheit im Fernsehrat am „Durchwählen zu hindern“, verlangten die SPD-Regierungschefs für die Wahl der Verwaltungsratsmitglieder und des Intendanten sowie für die Verabschiedung des ZDF-Haushaltes jeweils eine Dreifünftelmehrheit.
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