Protest gegen „Sicherheitskonferenz“: Keine Sicherheit diesen Verhältnissen

Die „Münchner Sicherheitskonferenz“ verlangt nach lautem Protest: Antifaschistisch, antirassistisch und klimabewegt.

Alle zusammen gegen Krieg und seine Ursachen! Bild: dpa

Ein Gastbeitrag von BÜNDNIS KEINE SICHERHEIT

Jedes Jahr Mitte Februar verwandelt sich die Münchner Innenstadt in einen Hochsicherheitsbereich. Absperrgitter, Hubschrauber, tausende Polizistinnen und Polizisten. Rund um das Hotel „Bayrischer Hof“ werden Autos abgeschleppt, aus Angst jemand könnte eine Bombe in ihnen platzieren. Auf Häuserdächern beziehen Scharfschützen Stellung. Laute Kritik am inszenierten Ausnahmezustand – Fehlanzeige. Alle wissen: es ist wieder SiKo.

Das im Jahr 1963 als „Münchner Wehrkundetagung“ gegründete private Treffen von Vertreter*innen aus Politik, Militär und Rüstungsindustrie ist weltweit das größte seiner Art und diente ursprünglich vor allem der Koordination der NATO-Staaten im Kalten Krieg. Nach dem Ende der Blockkonfrontation änderte sich der Charakter des mittlerweile als „Münchner Sicherheitskonferenz“ (SiKo) stattfindenden Treffens.

Eine stärkere Einbindung sogenannter „Schwellenländer“ und die öffentlichkeitswirksame Bezugnahme auf Umwelt- und Menschenrechtsthemen ändern jedoch nichts Grundsätzliches am Zweck der Veranstaltung. Wenn in Selbstdarstellungen des Treffens davon geredet wird, man wolle den „drängendsten Sicherheitsrisiken der Welt begegnen“, geht es darum, in jene Konfilkte und Krisenherde zu intervenieren, die ein Risiko für die politischen und wirtschaftlichen Interessen der auf der SiKo vertretenen Machtblöcke darstellen. 

Sicherheit der Märkte

Die Politik der auf der SiKo vertretenen Akteure zeigt deutlich, dass es nicht um die Sicherheit der Menschen geht, die in die sogenannten „Krisenregionen“ leben. Erst recht nicht um die Sicherheit derer, die aus diesen Regionen fliehen. Vielmehr sollen der Zugriff auf Märkte und Ressourcen sowie intakte Handelrouten gewährleistet und (geo-)politische Interessen durchgesetzt werden. Das islamistische Milizen oder andere bewafffnete Banden dabei schnell mal vom Sicherheitsrisiko zum Verbündeten werden können, zeigen die jüngsten Beispiele in Libyen oder Syrien eindrücklich.

Diese beiden Kriege werden wohl auch dieses Jahr wieder zentrale Themen der SiKo werden. Dabei dient das Event auch als Kontaktbörse für die Rüstungsindustrie, die durch zahlreiche Unternehmen auf der Veranstaltung vertreten ist.

Für die kommende „Sicherheitskonferenz“ steht unter anderem Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer auf der Gästeliste, die mit der massiven Aufrüstung der Bundeswehr, gratis Bahntickets für uniformierte Soldat*innen oder – wie jüngst in München – öffentlichkeitswirksame Gelöbnisse von Rekrut*innen wie kaum eine andere deutsche Politikerin für zunehmenden Militarismus steht.

Globaler Rechtsruck

Weitere bisher angekündigte Teilnehmer sind der türkische und der iranische Außenminister, Frankreichs Präsident Macron, dessen Polizei mit militärischen Mittel gegen Gelbwesten und Streikbewegungen vorgeht, sowie Trumps Außenminister Pompeo und der Außenminister der hindu-nationalistischen Regierung in Indien. Das der globale Rechtsruck auch auf der Gästeliste sichtbar wird, verwundert kaum. Eine immer stärkere Aufrüstung von Militär und Polizei, eine permanente Ausweitung polizeilicher und geheimdienstlicher Befugnisse und ein immer brutaleres Grenzregime verweisen auf einen gesellschaftlichen Trend, in dem zur Verwaltung sozialer Widersprüche nur noch repressive Optionen eine Antwort zu bieten scheinen.

Für all diese Entwicklungen steht die SiKo mehr als nur symbolisch. Das Gerede von Sicherheit auf der Konferenz meint dabei lediglich die Absicherung bestehender Herrschafts- und Machtverhältnisse im globalen Kapitalismus.

Dabei gibt es seit 2001 jedes Jahr größere Proteste gegen das Treffen im „Bayrischen Hof“. Diese widersetzten sich besonders in den ersten Jahren kämpferisch der massiven Repression. Nachdem sich 2002 etwa 10.000 Menschen über das Verbot der Demo hinwegsetzten, protestierten ein Jahr später fast 25.000 Leute vor dem Hintergrund des drohenden Irakkriegs gegen die SiKo.

Großdemo gegen die Konferenz

Auf der großen Samstagsdemonstration, mit nach wie vor mehren tausend Teilnehmern*innen jedes Jahr, sorgte in den letzten Jahren immer wieder auch die Präsenz von reaktionären Gruppierungen und Einzelpersonen, wie etwa russischer Nationalist*innen oder Anhänger*innen antisemitischer Verschwörungideologien für Auseinandersetzungen.

Vor diesem Hintergrund haben wir in den letzten Monaten das Bündnis „Keine Sicherheit“ ins Leben gerufen um am Freitagabend der Konferenz eine grundsätzliche Kritik an der SiKo auf die Straße zu tragen. Neben unserer Demo rufen wir auch zum Block der kurdischen Freiheitsbewegung auf der Großdemo am Samstag auf. Außerdem veranstaltet das Münchner Theater Kammerspiele eine sicherheitskritische Konferenz am Samstagabend. Unsere Demo verstehen wir dabei als Beitrag zu einem Protestwochenende, der eine tiefergehende Kritik an den hinter der SiKo zum Vorschein kommenden Verhältnissen formulieren möchte und mit vereinfachten Vorstellungen von „bösen Mächten die Kriege im Hinterzimmer planen“ brechen will.

Neben antifaschistischen und antirassistischen Strukturen sind auch Gruppen aus der Klimagerechtigkeitsbewegung an der Demo beteiligt. Denn weltweit sind Armeen und Kriege nicht nur massive Verursacher von CO2-Emmissionen. Auch Fragen nach dem staatlichen Umgang mit den globalen Auswirkungen der Klimakrise zeigen vor dem Hintergrund militärisch aufgerüsteter Grenzen und zunehmender autoritärer Verschärfungen, dass Antimilitarismus mit den Kämpfen für Klimagerechtigkeit und gegen Rassismus zusammengedacht werden muss. Wir wollen einen wütenden und lauten Protest auf die Beine stellen und frischen Wind in die Proteste gegen die „Münchner Sicherheitskonferenz“ bringen. Geht am kommenden Freitag mit uns auf die Straße!

Freitag, 14. Februar, 18.30 Uhr, Gärtnerplatz, München

[Hinweis: Die Redaktion der taz macht sich Meinungen und Aussagen von Gastautor*innen der taz Bewegung nicht notwendigerweise zu eigen.]