: Hugo-Boss-Boß als Betrüger verhaftet Die Fuji-Bank ließ Akira Akagi fallen
Der japanische Chef der Metzinger Bekleidungsfirma stolperte über allzu gewagte Kreditschwindeleien ■ Aus Tokio Georg Blume
Männer, die auf Hugo Boss stehen, sollten die Marke wechseln. Oder zumindest die Etiketten aus ihren edlen Textilien heraustrennen — wenn sie denn ehrliche Männer sind. Ansonsten laufen sie Gefahr, mit ihrer modischen Männlichkeit als Werbeträger einer japanischen Verbrechercrew zu dienen. Denn unter Akira Akagi, dem Aufsichtsratvorsitzenden und Mehrheitsaktionär der Hugo Boss AG, der am Donnertag in Tokio von der japanischen Polizei verhaftet wurde, dient Deutschlands männlichstes Modehaus einem Profischwindler und Berufserpresser.
Akira Akagi, 46, wurde nicht über Nacht zum Verbrecher — er war es immer schon. 1981 trat der spätere Modezar erstmals als Unternehmer auf, als er in Tokio die Immobilienfirma Marusho Kosan gründete. Freilich begnügte sich Akagi von vornherein nicht mit dem einfachen Verkaufsgeschäft. Seine Milliarden verdiente er vielmehr durch das Geschick, mit dem er Anlieger der reichsten Tokioter Stadtviertel aus ihren Wohnungen herausekelte, um die freiwerdenden Grundstücke anschließend aufzukaufen oder für die Spekulation anderer freizumachen.
Erste Erfolge als „Wohnungsvertreiber“
Akigas Erfolg als sogenannter „Jiage“ (sinngemäß: „Wohnungsvertreiber“) basierte auf Methoden, mit denen sonst nur die Yakuza, Japans organisierte Gangstermafia, verfährt. Den Anliegern und Hausbesitzern wurden erst Milionengewinne versprochen, später wurden sie eingeschüchtert, dann fallengelassen.
Das Geld aus dem Immobiliengeschäft setzte Akagi immer dort ein, wo er sich schnelle Profite erhoffte. Er eröffnete Diskotheken, begab sich früh ins Modegeschäft, investierte in Golfplätze und Freizeitparks und wagte schließlich einen großen Einsatz in der Formel-1. 1989 war Akagi dann der erste Japaner, der sich als Besitzer eines eigenen Rennstalls in der Formel-1 feiern lassen konnte. Seine verschiedenen Unternehmungen faßte Akagi im gleichen Jahr in der „Rayton- Gruppe“ zusammen. Etwas später kam dann auch Hugo Boss dazu.
Akagi, der in Tokio allmählich zum stadtbekannten Aufsteiger avancierte und besonders in der Jugend viele Bewunderer fand, hatte jedoch seine alten Machenschaften nicht vergessen. Als auch er nach dem japanischen Börseneinbruch 1990 in Schwierigkeiten geriet, griff er auf seine illegalen Methoden zurück. Ausgerechnet die viertgrößte Bank der Welt, die Tokioter Fuji- Bank, war ihm dabei behilflich. Sie verschaffte ihm mit gefälschten Belegen über nicht vorhandene Guthaben bis zum Juni dieses Jahres die Möglichkeit, Schulden zu vertuschen und neue Kredite zu erwerben.
Deshalb nahm die Polizei zusammen mit Akagi auch den ehemaligen Leiter einer Fuji-Bank-Filiale in Tokio und dessen Vertrauten fest. Beide hatte Akagi im Laufe von zwei Jahren zu den falschen Krediten in einer geschätzten Höhe von umgerechnet annähernd einer Milliarde Mark verholfen. Damit hatte Akagi noch im Juni 1991 unter anderem ein Tokioter Wohnobjekt für 200 Millionen Mark erstanden, in dem sich zufällig auch die Hauptniederlassung der Hugo Boss AG in Japan befindet.
Die Schwindeleien und Erpressungen des Hugo-Boss-Bosses wären wohl bis heute nicht ans Licht der Öffentlichkeit gekommen, hätte sich die bislang angesehene Fuji-Bank nicht zur Preisgabe des Skandals entschlossen. Akagi wird damit gerechnet haben, daß die Fuji-Bank die Bekanntmachung der gefälschten Kredite in jedem Fall zu verhindern weiß, da seine Machenschaften auf das Ansehen der Bank zurückfallen. Doch vermochte auch die mächtige Fuji-Bank nicht mehr alle Anschuldigungen im Laufe der andauernden Skandalwelle abzuweisen und gab der Polizei schließlich Hilfestellung.
Auch fingierte Golfplatzbeteiligungen
Nun droht die vielseitige Rayton- Gruppe wie ein Kartenhaus zusammenzufallen. Schon hat sich herausgestellt, daß auch die Golfplatz-Teilhaberschaften der Gruppe fingiert sind. Zudem muß Akagi mit einem neuen Untersuchungverfahren rechnen, nachdem durch einen Betriebsunfall drei Besucher einer Rayton- Diskothek starben.
Und sollte Akagi auch bald wieder auf freiem Fuß stehen, wie es sich für einen Freund der Yakuza in Japan gehört, sein Finanzreich und der Name Hugo Boss werden so schnell nicht wieder auferstehen. Oder doch? Darüber entscheiden jetzt nicht nur japanische Kriminalbeamte, sondern auch die deutschen Männer, die bisher Hugo Boss liebten. Wenn sie zugleich Boss-Aktien hielten, dürften sie sich nun gleich von zwei Besitztümern trennen müssen.
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