: Autoteilen
■ betr.: "Blackout beim Verkehrsclub - Lange Gesichter bei 'stattauto'", taz vom 14.9.91
betr.: „Blackout beim Verkehrsclub — Lange Gesichter bei „stattauto“, taz vom 14.9.91
Zweifellos ist es nicht in Ordnung, daß der VCD „stattauto Berlin“ nicht über die beabsichtigte Initiierung einer bundesweiten Autoteiler-Genossenschaft im Vorfeld informiert hat. Andererseits ist aber die Aufregung bei „stattauto Berlin“ nicht ganz verständlich. Auf dem VCD-Seminar „Auto teilen“ am 6./7.Juli 1991 in Frankfurt, an dem auch ein Vertreter von „stattauto Berlin“ teilgenommen hat, haben Autoteiler-Initiativen aus kleineren Städten und ländlichen Gegenden schon eine Genossenschaft — zumindest für den süddeutschen Raum — ins Auge gefaßt. Das hat damals „stattauto Berlin“ schlicht nicht interessiert.
Zum Hintergrund einer bundesweiten Genossenschaft: Autoteilen beinhaltet eine Menge Probleme, die vor allem von Initiativen aus kleinen und mittleren Städten und aus ländlichen Gegenden nur sehr schwer und mit großem Aufwand gelöst werden können. Ein Geschäftsbetrieb muß aufgebaut, Buchführung und Rechnungswesen organisiert, ein wirtschaftliches Verlustrisiko getragen, Verträge und Formulare entworfen, Autos gekauft und mit Versicherungen verhandelt werden, um einiges zu nennen. Damit nicht jede kleine Initiative in mühevoller ehrenamtlicher Kleinarbeit all diese Probleme anpacken muß, soll nun eine bundesweite Genossenschaft diese Aufgaben zentral in professioneller Weise lösen, während die Mitglieder vor Ort in größtmöglicher Autonomie das eigentliche Autoteilen organisieren.
Ich bin froh, daß der VCD nun endlich seine Verantwortung gegenüber kleinen Initiativen ernst nimmt und die bundesweite Genossenschaft mitinitiiert. Völlig unverständlich ist, warum „stattauto Berlin“ Konkurrenzängste entwickelt und sich „geprellt“ fühlt. Niemand will in Berlin eine Filiale der Bundes-Genossenschaft gründen und jede Initiative kann, wenn sie lustig ist, die oben genannten Probleme in ihrer Stadt auch weiterhin selbständig ohne Genossenschaft lösen. Auch wenn „stattauto Berlin“ hundertmal den Anfang beim Autoteilen in der BRD gemacht und zweifellos eine Pionierarbeit erbracht hat, ist jedes beleidigt sein, fehl am Platze, wenn jetzt viele Initiativen den berliner Weg der reinen Professionalisierung (der ohnehin nur in Großstädten möglich ist) nicht mitgehen wollen und eine vernünftige Verbindung von Professionalität und ehrenamtlichen Engagement in einer demokratisch organisierten Genossenschaft suchen. Ulrich Stähle, Verein „teilAuto“ Pforzheim
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