Post gibt Gottes Wort den Segen

Nach jahrelangem Kleinkrieg gegen einen klerikalen Piratenfunker lenkt die Bundespost ein: Der „Don Camillo aus Eichsfeld“ darf jetzt legal den Äther mit der Frohbotschaft schwängern.

Einen überraschenden Erfolg im Kampf um die Legalisierung der Rundfunkübertragungen seiner Gottesdienste hat der katholische Priester Johan van den Brule aus Breitenberg bei Duderstadt im Landkreis Göttingen errungen. Ein knappes dreiviertel Jahr nach seiner letzten rechtskräftigen Verurteilung wegen Verstoßes gegen das Fernmeldeanlagengesetz erhielt der streitbare Gottesmann, der sich selbst gern als „Don Camillo aus dem Eichsfeld“ bezeichnet, jetzt einen positiven Bescheid vom Bundespostminister. „Messungen meines Funkmeßdienstes“, heißt es in dem Schreiben, „haben ergeben, daß im Raum Duderstadt noch ein Sender kleinster Leistung betrieben werden könnte, der für die Realisierung Ihres Wunsches in Frage käme.“

Ab 1983 übertrug der gelernte Radiotechniker und niederländische Staatsbürger van den Brule mit selbstgebauten Minisendern — „den Mitteln meiner Zeit“ — seine Gottesdienste aus der Kirche „Mariä Verkündigung“ in die Breitenberger Haushalte. Auch Alte und Kranke, rechtfertigte der sendungsbewußte Priester sein Tun, sollten „in den Genuß von Gottes Wort kommen“. Wenn die Menschen nicht in die Kirche gehen können, dann „muß die Kirche eben zu den Menschen kommen“.

Nachdrückliche Hinweise der Staatsanwaltschaft und der Bundespost auf die Unrechtmäßigkeit seines Tuns konterte van den Brule stets auch mit seiner ganz persönlichen Geschichte. In Indonesien, wo er als niederländischer Kolonialsoldat in den Nachkriegsjahren Dienst tat, „mußte ich auch nie jemanden um Erlaubnis fragen, wenn ich ein Funkgerät benutzt habe“.

In Marsch gesetzt von auf den umliegenden Hügeln postierten Peilwagen der Bundespost, durchsuchten Polizisten in den vergangenen Jahren ein halbes dutzendmal die Breitenberger Kirche und die Wohnung des Priesters. Etliche Sender und noch mehr Senderattrappen, hinter dem Altar oder hoch im Gemäuer des Gotteshauses versteckt, wurden dabei beschlagnahmt. Doch den Geistlichen focht das ebensowenig an wie mehrere Verurteilungen vor Gericht. Während er, um die Durchsuchungstrupps zu foppen, aus Spielzeugautos ausgebaute Fernsteuerungen wie Ostereier in seinem Haus auslegte, brachten Sympathisanten des Funkpiraten einen neuen Sender an. „So gut, daß man die Kirche Stein für Stein abtragen muß, um ihn zu entdecken“, so van den Brule in einer Gerichtsverhandlung. Stoppen konnte den Niederländer erst ein Sendeverbot des Bischofs im Jahr 1988. Schweren Herzens und mit einem „schlechten Gewissen gegenüber den Alten und Kranken“ in seiner Gemeinde zeigte der 65jährige Gehorsam. „Mit Ausnahme der Weihnachtsgottesdienste“ sei der Sender von ihm selbst seitdem nicht mehr in Betrieb gesetzt worden, beteuert van den Brule. Die Gottesdienste aus der Breitenberger Kirche wurden dennoch weiter übertragen. Von wem, davon hat Johan van den Brule angeblich keine Ahnung, auch wenn er Sympathien für die Unbekannten nicht verhehlen mag: „Ein Gemeindeleben ohne den Sender ist nicht mehr möglich.“

Die nun vom Bundespostministerium angekündigte Frequenzerteilung für den Kirchensender kann umgesetzt werden, sobald die rot-grüne Koalition in Hannover das Landesrundfunkgesetz novelliert hat. Diese Änderung, die unter anderem den Betrieb von ausgewählten, nichtkommerziellen Radioprojekten ermöglicht, soll Anfang 1992 über die Bühne gehen.

Priester van der Brule und die Mitglieder seines Kirchenvorstandes wollen sich mit dem Erreichten allerdings noch nicht zufriedengeben: „Wir kämpfen nicht nur für Breitenberg“, erklärten sie, „sondern wir wollen, daß alle Gemeinden ihre Gottesdienste übertragen dürfen.“ Reimar Paul