: Sozialamt um DM 45.000 geprellt
■ 55jährige wegen Betrug verurteilt / Ehemann brachte hohe Schulden mit
„Ist Ihnen nie der Gedanke gekommen, wie sehr sie mit ihrem Verhalten anderen Sozialhilfeempfängern schaden?“ Staatsanwalt Gottschalk schaut mit väterlicher Strenge auf die Angeklagte: „Das Schlimmste ist aber nicht, daß dem Bremer Sozialtopf jetzt 45.000 Mark fehlen, sondern, daß Sie gelogen haben.“
Mit Tränen in den Augen steht die hagere, 55jährige Frau vor Richter Mertens, als er das Urteil verkündet: Acht Monate Haft, auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Die 45.000 Mark, um die Ursula S. das Sozialamt geprellt hat, soll sie in kleinen Raten wieder zurückzahlen.
„Ich bereue, was ich getan habe“, sagt die Verkäuferin während der Verhandlung immer wieder. Und: sie habe eigentlich die ganze Zeit über damit gerechnet, daß irgendjemand von ihrer illegalen Unterstützung Wind bekäme. „Darüber wäre ich sogar froh gewesen, wegen der Summe“, fügt sie hinzu.
Trotz Heirat hatte Ursula S. von Mitte 1986 bis Ende 1990 immer wieder ihren alten Familiennamen in die Fragebögen der Behörde eingetragen. Monatlich erhielt sie so Sozialhilfe und Mietkosten, insgesamt etwa 1.000 Mark. Aufgrund des Einkommens ihres Mannes hatte sie darauf allerdings gar keinen Anspruch mehr. Dieter S. arbeitet als Verwaltungsangestellter im Krankenhaus Bremen Nord und bringt etwa 2.000 Mark Netto nach Hause.
Für das Gericht ein klarer Fall: bewußter Betrug. Für Ursula S. jedoch Ausweg aus einer Notlage. „Eigentlich hatte ich geheiratet, um endlich vom Sozialamt wegzukommen, schließlich ist es keine Freude, sein Geld vom Staat zu erhalten“, sagt sie vor der Urteilsverkündung auf dem Gerichtsflur. Doch ihr Mann, der in die Ehe einen 60.000-Mark- Schuldenberg mitbrachte, habe sie immer wieder bedrängt, das Geld zu nehmen.
„Siebenmal hat er in den dreieinhalb Jahren versucht, sich das Leben zu nehmen. Das erste Mal drei Tage nach der Hochzeit, das letzte Mal vor 14 Tagen“, sagt Ursula S. „Immer wenn es mit dem Geld wieder hart auf hart ging oder ich mal was gesagt habe, hat er damit gedroht.“ Am Anfang habe sie sich noch Sorgen gemacht, später allerdings sei sie abgestumpft.
Der letzte „Abschiedsbrief“, den der Ehemann im Krankenhaus hinterlegt hatte, gab Ursula S. den Rest. Sie reichte die Scheidung ein: „Der wird sich nie ändern.“ Staatsanwalt Gottschalk nickt und gibt ihr am Ende der Verhandlung noch ein paar Ratschläge mit auf den Weg: „Sie sollten unbedingt arbeiten, damit sie etwas Abstand von den ganzen Sorgen bekommen und sich daran erinnern, daß sie erheblichen Schaden verursacht haben.“ Daß sie die Summe jemals abstottern kann, daran glaubt allerdings auch er nicht. bz
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