: Hanseaten in Barcelona gestrandet
■ Klarer 3:0-Sieg des FC Barcelona gegen Hansa Rostock im Europapokal der Landesmeister
Aus Barcelona Werner Kuhn
Gleich nachdem Rostock und Barcelona zusammengelost worden waren, waren im Ostseestadion selbstbewußte Plakate aufgetaucht, die da fragten: „Barcelona, wer ist denn das?“ Auch hier fragte man sich natürlich: „Rostock, wo ist denn das? Hansa, was ist denn das?“
Ein Spanier assoziiert bei Hansa allenfalls Lufthansa, weiß aber normalerweise nicht, daß es im Althochdeutschen so viel bedeutet wie „Kriegerschar“. Nimmt man dazu noch Uwe Reinders' Philosophie, „Fußball ist Krieg“, kann einem recht angst und bange werden, zumal der Trainer vor dem Spiel noch getönt hatte, daß seine Mannen mit 2:0 gewinnen würden, auch wenn diese „großen Banditen“ (Johan Cruyff und seine Schar) sie nicht eine Stunde vor der ausgehandelten Zeit im Stadion trainieren lassen wollten. Da mochte auch Präsident Kische nicht zurückbleiben und ließ wissen, daß ihnen Barcelonas Spielsystem sehr entgegenkäme. „Nur die Lumpe' sind bescheiden“, möchte man da mit Goethe sagen.
Aber ach, einmal mehr war auch hier der Wunsch Vater des Gedankens und wie schon gegen Düsseldorf hatte Rostock auch in diesem Pokal keine Fortuna. Rostock sollte nur ein Tor vergönnt sein. In der 76. Minute lenkte Dowe einen verunglückten Schuß von Goicoechea ins eigene Netz. Von Anfang an war die Überlegenheit der Spanier offensichtlich, schon nach zwanzig Minuten hätte es 3:0 stehen können.
In der 25. Minute ist es dann soweit: Eine Kombination zwischen Witschge, der drei Abwehrspieler umkurvt, und Laudrup, der noch einen Gegner aussteigen läßt, und es heißt 1:0. Kaum einmal schaffen es die Rostocker, aus der eigenen Hälfte herauszukommen. Die zweite Halbzeit ist noch keine Minute alt, da flankt Goicoechea von rechts, wieder ist Laudrup da — 2:0. Barcelona bestimmt weiterhin das Spiel, die Hanseaten versuchen sich zaghaft zu wehren und geben sich dann mit dem Eigentor selbst den Gnadenstoß.
Nach dem Spiel sprach Reinders, der König von Rostock, dem Bar¿a- Team ohne Umschweife seine Anerkennung aus. Seine Mannschaft habe zu ängstlich gespielt, die internationale Erfahrung fehlte, die Hitze habe ihnen zu schaffen gemacht. Das alles mag stimmen, aber es gibt da noch einen wichtigen Punkt: Barcelona hat einfach die besseren Spieler.
Der Europapokal der Landesmeister ist der einzige, der im Trophäenmuseum des Clubs (nach dem Picasso- angeblich das zweitbestbesuchte Museum der Stadt) noch fehlt, und jetzt scheint Cruyff eine Mannschaft zu haben, die den Traum realisieren könnte. Ronald Koeman, begleitet von seinen beiden Terriern Ferrer und Juan Carlos (nicht identisch mit dem gleichnamigen Monarchen), die das Spiel klug von hinten aufbauen, jede Menge erstklassige Mittelfeldspieler und vorne brandgefährliche Stürmer wie Stoitschkow, Laudrup und Bakero. Dazu kommt noch Richard Witschge, ein Supertechniker, der das Zeug hat, zu einem jener Spieler zu werden, die jeden Ball in Gold verwandeln, und der Pässe schlägt wie einst Schuster selig.
Trotzdem hatte das Treffen für die Rostocker auch etwas Gutes. Die Herzoperation von Johan Cruyff hatte Uwe Reinders dermaßen beeindruckt, daß er jetzt das Rauchen aufgegeben hat, wenigstens während der 90 Minuten, die ein Spiel dauert. Sollte er sich doch wieder eine „HB“ ins Gesicht stecken, muß er an seinen Club-Präsidenten Kische tausend Mark zahlen. Manchmal zwickt halt doch noch das Spielteufelchen.
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