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Quasi ein Daumenklavier

■ Drei statt vier, aber frisch wie vor 20 Jahren: Ralph Towners „Oregon“ im KITO

In seinen Glanzzeiten war Oregon immer ein Quartett gewesen. Nach dem frühen Tod des Perkussionisten und Sitarspielers Colin Walcott wurde der vielseitige Trilok Gurtu festes Mitglied der Gruppe. Weil dieser aber auch in anderen Formationen spielt (z.b. im Trio von John McLaughlin), war er wohl für diese Tournee nicht verfügbar, und so spielten am Sonntagabend im KITO Ralph Towner, Paul McCandless und Glen Moore ohne ihren Perkussionisten.

Natürlich änderte sich der Sound der Gruppe dadurch erheblich. Nicht nur weil ohne drummer alle Stücke ruhiger und elegischer zu fließen schienen; auch die weltmusikalischen Klangmalereien, die sonst Gurtu auf seinen vielen exotischen Instrumenten vollführt, konnten sich die drei nicht aus ihren Instrumenten schneiden — auch wenn Ralph Towner auf dem Synthesizer den Klang des afrikanischen Daumenklaviers verblüffend gut traf.

Zum Glück aber sind alle drei Musiker faszinierende Multi-Instrumentalisten, so daß der vierte Mann schon sehr bald nicht mehr vermißt wurde. Towner wechselte von der zwölfsaitigen Gitarre über Synthesizer und Konzertgitarre zum Konzertflügel und wieder zurück, und McCandless blies neben Oboe, Sopransaxophon, Baß-Klarinette und diversen Flöten auch auf Instrumenten, deren Namen dem Rezensenten leider verborgen blieben.

So schnell wie die Instrumente wechselten die Musikstile. Neben einigen gewagten Abstiegen in den „easy listening jazz“, der einmal auch haarscharf am Pat-Metheny-Plagiat vorbeischlitterte, waren sehr ausgefeilte, orchestral klingende Stücke mit Drumcomputer und vorprogrammierten Synthesizersounds zu hören. Ihnen folgten kammermusikalische Glanzleistungen wie Moores melodisches Baßsolo nach einer Komposition von Colin Walcott.

Auch die freien Improvisationen fehlten nicht. Sie gehörten schon immer zum festen Programm der Gruppe, sind aber jetzt durch die Spielereien von Towner auf dem Synthesizer viel unterhaltsamer und witziger geworden.

Auch ihre berühmten „großen“ Werke spielte die Gruppe: Kompositionen wie „Silence of a Candle“, „Aurora“ oder Jim Peppers „Witchi-Tai-To“ — alle ganz klassisch, ohne Synthi oder Drum-Computer, aber mit der gleichen Spielfreude und Frische wie vor fast zwanzig Jahren. Willy Taub

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