: Die größte Autoschau der Welt zeigt den Anfang vom Ende des Autobooms
■ IAA war deutlich weniger besucht als in den Jahren zuvor — trotz PS-starker Neuheiten
Frankfurt/Main (dpa/taz) — Das Ende der 54. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt markiert zugleich das Ende eines jahrelangen Autobooms. Trotz vieler Superlative und großem Gedränge um die neuen Modelle und trotz der obligatorischen Erfolgsabschlußmeldung der Veranstalter konnte die größte Autoschau der Welt zahlreiche Negativ-Meldungen nicht überdecken: Weniger BesucherInnen, weniger Auftragseingänge und ein regelrechter Absatzknick bei den Inlandszulassungen dämpfen die Zukunftsaussichten von Deutschlands wichtigstem Industriezweig, in dem 750.000 Menschen Lohn und Brot finden.
Den Besucherschwund von 1,23 Millionen 1989 auf diesmal nur 935.200 Autofans können die Hersteller noch am leichtesten wegstecken. Der Rückgang auf 76 Prozent des 89er Besucheraufkommens begründet der Verband der Automobilindustrie (VDA) mit der erstmaligen Zweiteilung der Messe in Pkw und Nutzfahrzeuge. Angeblich ist genau das ausgebliebene Viertel sonst gekommen, um sich Brummis, Omnibusse und sonstige Nutzfahrzeuge anzusehen.
Schwerer traf die Branche, daß mitten in die IAA die Nachricht platzte, daß im August 40 Prozent weniger neue Autos zugelassen wurden als im Juli. Dabei spielte das Auslaufen der Steuerbefreiung für schadstoffarme Kat-Autos Ende Juli die entscheidende Rolle. Die Superergebnisse der Vormonate basierten also auf einem Vorzieheffekt, um noch in den Genuß der Steuerbefreiung zu kommen.
Selbst vom Messespektakel mit PS-starken Neuvorstellungen erhofft sich die Branche weniger als in den IAA-Vorjahren. „Die Automobilkonjunktur in Deutschland hat ihren Höhepunkt überschritten und fährt seitdem auf Sparflamme“, schreiben die Marktbeobachter von Eurotax-Schwacke in ihrem neuesten Monatsbericht.
Im Gegensatz zu den herbstlichen Monaten der Vorjahre sei die saisonüblich spürbare Belebung auf dem Automarkt diesmal „eher mager ausgefallen“. Daran würden auch die neuen Modelle, die auf der IAA ihr Debüt feierten und schon vor Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt wurden, „nichts ändern“. Die Schwacke-Experten begründen ihre Negativ-Prognose mit einer größeren Zurückhaltung bei den Kaufentscheidungen sowohl in den alten wie in den neuen Ländern aufgrund der veränderten wirtschaftlichen Lage.
Auch bei Gebrauchtwagen zeigt sich die veränderte Situation: „Die Zeiten, in denen Gebrauchtwagen eine Rarität waren, sind vorbei. Die Gebrauchtwagenlager sind wieder gefüllt“, lautet die Marktübersicht im Schwacke-Infodienst. Der Abbau der langen Lieferfristen für Neufahrzeuge hätte zu einem erheblichen Rücklauf von Gebrauchtwagen an den Automobilhandel geführt.
Wegen der hohen Auftragseingänge im ersten Halbjahr wird die Automobilindustrie bis zum Zielstrich am 31. Dezember dennoch eine Rekordproduktion von erstmals fünf Millionen Fahrzeugen aufstellen. Für 1992 sehen die Prognosen dann ungünstig aus. Die bislang schwärzeste Vorhersage haben die Automobilimporteure während der IAA abgegeben. Ihr Verband fürchtet bei den Pkw-Zulassungen in Westdeutschland eine Absatzeinbuße von acht Prozent auf nur noch knapp 3,7 Millionen.
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