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Keine Chance für den Klimaschutz — Alles machbar nur kosten darf's nichts

■ Seit einem Jahr ist Berlin im Klimabündnis, und nichts passiert/ BUND fordert Sofortmaßnahmen

Berlin. Sofortige Maßnahmen zum Schutz der Erdatmosphäre fordert der Landesverband Berlin des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) vom Berliner Senat. Vor einem Jahr hat das Abgeordnetenhaus Berlin den Beitritt der Stadt zum internationalen »Klimabündnis zum Erhalt der Erdatmosphäre« beschlossen und im April dieses Jahres in Graz ratifiziert. Bis heute habe der Berliner Senat jedoch keine einzige Maßnahme zur Umsetzung dieses Abkommens durchgeführt, kritisiert der BUND.

Bis zum Jahr 2010 CO2-Emission halbieren

Das bisher einzigartige Bündnis zur Begrenzung der weltweiten Klimaveränderungen verbindet zur Zeit 28 europäische Kommunen mit den Regenwaldvölkern im Amazonas-Gebiet. Die Städte verpflichten sich mit ihrem Beitritt zur schnellstmöglichen Umsetzung drastischer Schutzmaßnahmen. Wenn Berlin seinen daraus resultierenden Verpflichtungen nachkommen will, muß die Stadt bis zum Jahr 2010 seine CO2-Emissionen halbieren. Diese Forderung kann nur dann erfüllt werden, wenn der Energieverbrauch radikal gesenkt und das motorisierte Verkehrsaufkommen erheblich verringert wird.

Die Stadt hat darüberhinaus einen sofortigen Herstellungsstop und ein Verwendungsverbot von FCKW- Treibgasen umzusetzen und den Import und die Verwendung von Tropenhölzern in Berlin zu unterbinden. Die Interessen und Rechte der Regenwaldvölker im Amazonas-Becken sollen politisch und finanziell unterstützt werden.

Wo sind die effektiven Schutzmaßnahmen?

Trotz mehrmaliger Anfragen an den Berliner Senat und intensiver Recherche sei dem BUND-Berlin bisher keine einzige effektive Schutzmaßnahme bekannt, die in Berlin seit dem Beitritt zum Klimabündnis ergriffen worden wäre und in einem konkreten Zusammenhang zu den Verpflichtungen im Rahmen des Klimabündnisses stünde. »Im Gegenteil, im Moment ist die Verkehrspolitik des Senats dem genau entgegengesetzt«, sagt Annette Nawrath vom BUND. Der Senat hatte von vornherein jegliche Auswirkung des Beitritts auf die Finanz- und Personalplanung ausgeschlossen. Wie ernst die Bündnisverpflichtungen genommen werden, zeigt, daß seit einem Jahr weder Personal- noch Finanzmittel bereitstehen. In einer Drucksache vom Dezember 1990 wird das Engagement sogar ausdrücklich nur auf Solidarmaßnahmen beschränkt.

Auf eine Anfrage der Abgeordneten Judith Demba (Bündnis 90/ Grüne) betont der Senat seine Initiativen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen. Auch verwies er auf das Energiespargesetz und die Erarbeitung eines ökologisch orientierten Energiekonzeptes. Die Verkehrsplanung solle die Möglichkeiten der Verkehrsvermeidung und -verlagerung ausschöpfen, das Angebot des öffentlichen Nahverkehrs verbessert werden.

Auch dem Bundestagsbeschluß von 1989 — den Verbrauch und die Produktion halogenisierter Fluorkohlenwasserstoffe und Halogene bis 1995 um 95 Prozent zu senken — wolle man ebenfalls nachkommen. »Das sind aber alles Dinge, die der Senat sowieso macht oder machen muß. Ansonsten gibt es nur Absichtserklärungen, und kosten darf es nichts«, sagt Nawrath.

Andere Städte nehmen ihre Selbstverpflichtung ernster. In Frankfurt a.M. beispielsweise hat die Stadtverwaltung eine eigene Geschäftstelle für den Klimaschutz eingerichtet. Bremen veranlaßte eine Marktstudie über die tropenholzfreie Raumgestaltung. Frankfurt, Hannover und Linz erstellten eine Gesamtbilanzierung der kommunalen CO2- Emissionen und entwickelten ein Energienutzungskonzept mit Umsetzungsplan.

Der BUND Berlin fordert daher den Senat auf, eine eigene Senatsstelle einzurichten, um die Bündnisaufgaben zu koordinieren, zusammenzufassen und die Zusammenarbeit mit den angesprochenen Senatsverwaltungen zu organisieren. Auch soll die Stadt ein Klimaschutzprogramm erstellen, das die Verpflichtungen umfassend in konkreten, rechtsverbindlichen Maßnahmen umsetzt und dann auch durchgeführt werden. Dafür sollen sofort umfangreiche Gelder und Stellen bereitgestellt werden. cor

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