: Gar nicht so übel ...
■ Produkte aus der Ex-DDR füllen die „Dumping-Kuhlen“
Viel los ist in der „Dumping- Kuhle“ nicht gerade. Aber die paar, die hier einkaufen, kommen nicht ohne Grund: Hier gibt es fast nur Produkte aus den neuen Bundesländern. Nicht immer sei so wenig Betrieb wie an diesem Mittag, sagt Reiner W., Geschäftsführer der Filiale in der Ostberliner Gipsstraße/Ecke Rosenthaler Straße. Seit dem 12. August 1991 gibt es diesen Laden, und „immerhin sind wir schon in den schwarzen Zahlen“.
In der einstigen Lagerhalle wird direkt aus den Kisten verkauft. Einige Drahtgestelle, vollgestopft mit Knoblauch- und Abführpillen für eine Mark pro Schachtel, erinnern noch an frühere DDR-Verkaufsregale. Die Renner sind Spreewalder Extrakte von 1,50 bis zwei Mark gegen alle Wehwehchen, Kathis Kloßmehl, Perlzwiebeln für 50, Pflaster für 80, Schuhcreme für 20 Pfennig und, natürlich, Puddingpulver.
Antje hat sich gerade ihren Korb mit den lila-gelben Tüten vollgepackt. Sie findet, daß „der Westpudding einfach Scheiße schmeckt und der Schokopudding vielleicht brauner aussieht, aber nichts hergibt“.
Viele DDR-Waren haben ihr Äußeres beibehalten, und so fällt es den Kennern nicht schwer, ihre gewohnte Marke aus vergangenen Zeiten sofort wiederzuerkennen — auch die Tütensuppen. Andere Fressalien präsentieren sich in neuem Outfit, wie das Knäckebrot und Zwieback aus Burg, Fleischkonserven aus Eberswalde und Fischbüchsen aus Rostock. Bei einigen Waren stehen noch die alten DDR-Preise dran. Ein großer Plaste-und-Elaste-Blumentopf kostete beispielsweise früher 18,50 M „Einzelverkaufspreis“ (EVP) und ist jetzt für 6,99 DM zu haben. Auch das graue, rustikale und reißfeste DDR-Klopapier fehlt natürlich nicht. Lediglich um vier Pfennig hat sich der Rollenpreis erhöht, nämlich auf 39 Pfennig. Billig sind auch Spirituosen und Säfte.
Die „Dumping-Kuhle“ scheint bisher nur Insidern ein Begriff zu sein. Denn im Konsum um die Ecke hat sich der Laden offenbar noch nicht so herumgesprochen. Hier gibt es fast nur Westprodukte, weil Rewe — für den Konsum zuständig — angeblich keine Waren aus den neuen Bundesländern vertreibt. Lediglich Spreewald-Gurken und Sahna-Margarine hat eine Kundin nach längerem Suchen ausfindig gemacht.
Wolfgang W. ist optimistisch, daß bald noch mehr „Dumping- Kuhlen“ eröffnet werden. „Vor einem Jahr waren die Leute noch nicht so auf DDR-Produkte erpicht. Jetzt merken sie, daß die Sachen gar nicht so übel waren.“ Bärbel Petersen
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