: DIE 5. GEWALT - WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL: Quick/Bunte/Stern/Zeit/Bild
Wenn die Konkurrenz von Spiegel und Zeit die großen Skandale ganz alleine offenlegt und jene Münchner Konkurrenz mit dem Schmuddel- Image, die Quick, beim Scheckbuch-Journalismus neuerdings die Nase vorn hat (siehe Schalck-Papiere), schließlich der Gesellschafts- Klatsch meist zuerst in Bunte, Deutschlands Pflichtblatt für die Verleumdungs-Börse, steht, bleibt für den Stern nicht viel übrig. Höchstens, schnell die letzten Regeln des Anstands über Bord zu werfen und einem genialen Schriftsteller, der einfach nur seine Ruhe möchte, wochenlang nachzuspionieren: „'Das Parfum‘ ist ein Weltbestseller. Aber sein Schöpfer hält sich verborgen. Der STERN spürte Deutschlands scheuestem Schriftsteller...“, nämlich Patrick Süskind, auf. Und dann wird auf acht Seiten nicht nur die übliche Melange aus Tratsch, Teleobjektiv-Bildern und übler Nachrede verbreitet („...Neurosenbündel...“), da wird bestraft. Denn in dem Schund-Artikel werden die drei Adressen (eine in München, zwei in Frankreich) des scheuen Ausnahme- Formulierers samt Hausnummer vom 'Stern‘-Redakteur Sven Michaelsen (Privatanschluß: 040/5601949) aufgezählt. Späte Rache an einem, der dem 'Stern‘- Wunsch nach einem Beitrag nicht nur nicht nachkam, sondern für die 'Spiegel‘-Konkurrenz zum Thema „Großdeutschland“ den schlauesten Beitrag, der hierzulande erschien, erstellte? Kein Wunder eigentlich, daß den damals nicht der 'Stern‘ bekam. Denn der gilt eben nicht mehr als erste Adresse.
Die Einjahres-Feiern des neuen Großdeutschlands zu Hamburg fielen leider nicht ins Regen-Wasser — schade. Der von hier stammende Altbundeskanzler läßt sich zu diesem Jubiläum in der von ihm mit herausgegebenen Zeit „Zur Lage der Nation...“ aus: „Der Nationalstaat darf gewiß nicht als höchster Wert gelten, aber er ist in ganz Europa immer noch eine seelische Notwendigkeit.“ Nun ist der Verweis auf die Seele immer ein Hinweis auf Wissensschwäche oder Denkfaulheit und also Vorsicht geboten — trotzdem eine Nachfrage: Wie isses denn nu mit dem Vereinigten Europa? Dann würden doch einige typisch deutsche Probleme wegfallen: „ Wir haben mehr Nachbarn als die anderen Völker Europas, für uns ist es deshalb besonders schwierig, mit allen unseren Nachbarn in gutem Einvernehmen zu leben.“ Ach, jetzt versteh' ich die Politik von diesem Hitler: Weniger Nachbarn, weniger Probleme... Die moderne Variante heißt „Handelskrieg“. Statt der Waffen spricht der Wechselkurs. Probleme mit den Nachbarn? Nicht Häuserbesetzung, sondern Strategie „Eigentumswohnung“.
Der Straßen-Mob, der dieses fiskalische Modell noch nicht verstanden hat, brandschatzt derweil wie in alten Zeiten. Bild ist entsetzt: „Asylanten-Kind (8) angezündet — Schande!“ Nun hat nicht nur die Redaktion, sondern auch die Leserklientel etwas gegen die „Asylantenflut“, aber Totschlagen gilt derzeit noch nicht als angemessen. Weniger zurückhaltend (als „Schande“) formuliert man bei Verkehrsblockaden (gegen den ungezügelten Autofluß): „Straßenterror“ schimpfte das Groschenblatt jüngst ob der Besetzung einiger hanseatischer Straßenkreuzungen.
Steinbach weiß: Die Blockierer waren deutsch — o.k. Bei Ausländern auf den Kreuzungen hätte mancher die „Freie Fahrt für freie Bürger“ propagiert.
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