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Der Werbeumsatz lockt

In Großbritannien werden 16 private Sendelizensen versteigert  ■ Von Klaus Meyer

Mitte Oktober ist es so weit. In Großbritannien werden die Lizenzen für 16 private Independent-Television- Stationen (ITV) versteigert. Die Sender werden dann zum 1.Januar 1993 in „Channel3“ umbenannt. Neben den zwei BBC-Kanälen und Channel4 sind die werbefinanzierten ITV- Sender mit ihren regionalen Sendemonopolen ein Standbein des englischen Rundfunks.

Ein Gesamt-Werbeumsatz von rund fünf Milliarden DM lockte rund 40 BewerberInnen, die bis Anfang Mai ihre Gebote für die zehnjährigen Senderechte in 15 britischen Regionen sowie für das Frühstücksfernsehen (TV-am) abgeben mußten.

Die Ausschreibung der regionalen Sendelizenzen ist aber nur ein Aspekt des großangelegten Umbaus der britischen Medienlandschaft. So wurde mit dem Broadcasting Act 1990 ein Gesetz erlassen, das die Weichen für den kommerziellen Ausbau des gesamten englischen Rundfunks stellt. „Deregulierung“ war dabei das meistgebrauchte Stichwort.

Durch die Vervielfachung der Fernsehstationen und den verstärkten Einfluß von Wirtschafts- und Werbegeldern auf die Sender wollte Margret Thatcher vor allem die Macht der kritischen JournalistInnen brechen; außerdem sollte der Werbebranche der Zugang zu den VerbraucherInnen erleichtert werden.

ITV-Sender, die sich nur über ihre Werbeeinnahmen finanzieren, sind hierfür natürlich eine vielversprechende Möglichkeit.

Wie sich die Besitzverhältnisse ändern werden, bleibt abzuwarten; allenfalls fünf Stationen, meinen britische Experten, werden den Eigentümer wechseln. Sicher ist, daß TV-am von Sunrise, einem Konsortium u.a. von Walt Disney und der Guardian News Group, überboten werden.

Die Manager des alten Frühstücksfernsehens versuchen bereits, neue Sendemöglichkeiten zu erschließen, um den Sender und die Arbeitsplätze zu retten, doch bisher ohne Erfolg. Auch halten sich hartnäckig die Gerüchte, daß die ITV- Sender Thames , Granada, sowie London Weekend Television von neuen Bewerbern überboten werden.

Trotzdem: Die meisten Lizenzen werden im Besitz der alten Sender verbleiben. Die derzeitige Situation begünstigt die Lizenz-Inhaber sogar, weil die gesetzliche Forderung, „qualitativ hochwertige Programme“ zu produzieren, von NeubieterInnen nur mit Mühe bewiesen werden kann.

Hinzu kommt, daß die Kosten eines ITV-Senders enorm steigen: Allein für Steuern und Abgaben werden die neuen LizenznehmerInnen rund 400 Millionen Pfund (1,2 Milliarden DM) zu bezahlen haben, während dieses Jahr nur rund 134 Millionen Pfund (402 Millionen DM) aufzubringen waren.

Je höher aber die Nebenkosten sind, sowohl für die Lizenzgebühr (als hausgemachte Kostensteigerung), wie für neue Steuern, desto weniger Geld kann für die Produktion von hochwertigem, sprich teurem Programm ausgegeben werden — die Katze beißt sich in den Schwanz.

So sind die Sender nicht mehr, wie Lord Thomson einmal formulierte, „eine Lizenz zum Geld drucken“, sondern ein höchst riskantes und teures Geschäft geworden. Selbst der 'Economist‘ orakelt, daß einige ITV- Sender wegen der Lizenzversteigerung in Konkurs gehen könnten.

So sehen denn auch die Kritiker in der von der Thatcher-Regierung eingeleiteten Medienpolitik den Untergang der vielgepriesenen Qualität des britischen Rundfunks.

Stuart Prebble, Vorsitzender der „Campaign for Quality-Television“ zu dem Gesetzesentwurf: „Dies ist die detaillierte Grabschrift für ein Fernsehsystem, um das uns einmal die ganze Welt beneidet hat.“

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