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Strukturen machen nicht satt

■ Optimismus in der Schuldenkrise — doch die Armen werden ärmer

Hamburg (dpa/vwd) — Rechtzeitig vor der Konferenz von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF), die am Wochenende in Bangkok beginnt, haben internationale Wirtschaftsinstitutionen optimistische Prognosen für die Dritte Welt abgegeben. Die Strukturanpassung zeige in einigen Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas Erfolge. In der seit fast zehn Jahren schwellenden Schuldenkrise gebe es ein Licht am Ende des Tunnels. Doch für die betroffene Bevölkerung ist die Situation alles andere als rosig.

Über eine Milliarde Menschen leben in extremer Armut und haben am Tag weniger als einen US-Dollar zur Verfügung, berichtet die Weltbank im Jahresbericht 1991. 3,8 Milliarden Dollar hat sie für Projekte zur Bekämpfung der Armut vorgesehen. Ein Großteil dieser Gelder kommt allerdings nicht den Ärmsten zugute, sondern einigen Modelländern, die eher zum stabilen „Mittelstand“ des Südens gehören, wie etwa Mexiko, Chile, Thailand und Indonesien. In Lateinamerika, wo die höchstverschuldeten Staaten der Dritten Welt zu finden sind, wird für 1991 ein Wirtschaftswachstum von gut zwei Prozent erwartet, so die UNO-Organisation Cepal. Für viele Staaten ist das immer noch eine Negativentwicklung, da die Bevölkerung schneller wächst als die Wirtschaft.

„Die große Masse der Armen kommt noch nicht in den Genuß der Verbesserungen“, die die Weltbank- Politik der Strukturanpassung verspreche, sagte der Cepal-Generalsekretär Gert Rosenthal. Denn die Rezepte von Weltbank und IWF, vor allem die Kürzung der Staatsausgaben und der Verzicht auf Schutzmaßnahmen im internationalen Handel, führten in der Regel zunächst einmal zu Streichungen bei den Sozialleistungen, höherer Arbeitslosigkeit und kleinerem politischem Spielraum der Regierungen. Die Kluft zwischen Arm und Reich werde dadurch immer größer.

Im Hinblick auf die Schuldenlast der Dritten Welt, die auf die unglaubliche Summe von rund 1.450 Milliarden Dollar (2.465 Mrd DM) gestiegen ist und als außerordentliches Entwicklungshindernis gilt, fordert inzwischen auch die Weltbank größere Zugeständnisse der westlichen Banken und Regierungen. Die bisherigen Entschuldungsmaßnahmen zeigten nur magere Ergebnisse.

UNO-Generalsekretär Javier Perez de Cuellar fordert daher einen deutlichen Schuldenerlaß und die klare Aufstockung der Entwicklungshilfe für Afrika, den ärmsten Kontinent. Die Länder Afrikas, wo 40 Prozent aller Kinder unterernährt sind, haben 270 Milliarden Dollar Auslandsschulden und müßten jährlich rund 23 Milliarden Dollar Schuldendienst zahlen. Die Importeure afrikanischer Rohstoffe haben hingegen allein wegen sinkender Weltmarktpreise seit 1986 rund 50 Milliarden Dollar eingespart.

Angesichts der weltweiten Ernüchterung über die bisherigen Konzepte zur Entwicklungshilfe, die kürzlich vom Weltkirchenrat sogar rundweg für gescheitert erklärt wurden, zeigen auch Weltbank und IWF alternative Wege zur Entwicklungsförderung auf. Die Weltbank wies darauf hin, wie die Industriestaaten den Entwicklungsländern zu Mehreinnahmen in Höhe von 55 Milliarden Dollar jährlich verhelfen könnten: Indem sie ihre Handelsbarrieren abbauen und die Märkte öffnen.

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