: Das Postsparbuch ist mega-out
■ Die Postbank veröffentlicht ihre erste Bilanz mit Verlusten/ Der Geldbriefträger steht zur Disposition
Bonn (ap/taz) — Ebenso wie bei den anderen Banken haben auch die KleinsparerInnen bei der Post kein Interesse mehr am herkömmlichen Sparbuch. Wie der Vorstandsvorsitzende der Postbank, Günter Schneider, bei der Vorstellung der ersten Jahresbilanz vor JournalistInnen in Bonn berichtete, haben die westdeutschen Sparer 1990 rund 700 Millionen Mark von Postsparbüchern mit gesetzlicher Kündigungsfrist abgezogen — weil der niedrige Zinssatz von drei Prozent schließlich nur der Bank genutzt hätte.
Nach der Bilanz, die einen Verlust von 458 Millionen Mark ausweist, stieg das Sparvolumen bei der Postbank nominell um 2,2 Milliarden auf 43,2 Milliarden Mark. Darin enthalten sind aber 1,5 Milliarden Mark aus den neuen Bundesländern und 1,7 Milliarden Mark Zinsgutschriften, so daß unter dem Strich ein Minus von einer Milliarde Mark blieb. Laut Schneider hat sich dieser Trend auch 1991 fortgesetzt: In den ersten neun Monaten verlor die Postbank in den alten Ländern weitere 700 Millionen Mark Spareinlagen, ein Verlust, der durch einen Zuwachs von 340 Millionen Mark in den ostdeutschen Ländern nur teilweise ausgeglichen wurde.
Um das erklärte Ziel zu erreichen, ab 1993 schwarze Zahlen zu schreiben, soll laut Schneider in den nächsten Jahren der Post- und Zahlungsanweisungsdienst saniert werden. Die Möglichkeit, Geld per Briefträger von Haus zu Haus zu schicken, war für die Postbank 1990 ein knapp 300 Millionen Mark teures Verlustgeschäft. „Für solche Lasten, auch wenn sie politisch begründet würden, besteht im harten Wettbewerb der Banken kein Raum“, sagte Schneider. Als Alternativen nannte er eine Verteuerung dieser Angebote oder das generelle Aus für die Geldbriefträgerin. Da 98 Prozent der Haushalte über Girokonten verfügten, könne man Geld schließlich überweisen. Eine Entscheidung stehe aber frühestens Mitte 1992 an.
Insgesamt belief sich die Bilanzsumme der Postbank West am 31. Dezember 1990 auf 71,5 Milliarden Mark, 5,1 Prozent mehr als 1989. Die noch nicht eingearbeitete Bilanzsumme der Postbank Ost soll bei knapp fünf Milliarden Mark liegen.
Auf der Einnahmeseite der Gewinn- und Verlustrechnung stehen 4,4 Milliarden Mark Zinserträge, davon allein 2,1 Milliarden Mark Zinsen für Kredite an die Schwesterunternehmen, sowie 880 Millionen Mark Provisionserträge. Die dominierenden Ausgabeposten sind 1,7 Milliarden Mark für die Verzinsung der Spareinlagen und 1,6 Milliarden Mark Abgeltungsbeträge an den Postdienst sowie 1,1 Milliarden Mark Personalaufwendungen für die über 22.000 Beschäftigten.
Zwei zusätzliche Faktoren führten zu einem von der Telecom auszugleichende Verlust von 458 Millionen Mark. Zum einen mußte die Post durch den Übergang zu handelsrechtlichen Rechnungslegungsgrundsätzen ihre Praxis aufgeben, Wertpapiere zu Anschaffungskosten in der Bilanz anzusetzen, was jetzt mit einem Minus von 582 Millionen Mark zu Buche schlägt. Hinzu kommt die zehnprozentige Abgabe an den Bund, die anstelle von Steuern auf die Einnahmen gezahlt werden muß und für 1990 ein weiteres Minus von 269 Millionen Mark ausmacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen