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Zwei Wege

■ betr.: Krise, Sanierung und Umbruch der taz

betr.: dito

Ich habe von der Tagung der Freunde der alternativen Tageszeitung e.V. gelesen und kann die Furcht der Mehrheit vor der Einflußnahme durch taz-fremde Kapitalgeber nachvollziehen. Ich kann ebenfalls nachvollziehen, daß die Mehrheit nicht mehr zum Minimaleinheitslohn arbeiten will. Ich kann aber nicht nachvollziehen, wie sich die Unabhängigkeit von Kapitalgebern in Verbindung mit einer leistungsbezogenen Gehaltszahlung verwirklichen läßt, ohne daß dabei die Tageszeitung in einigen Monaten finanziell am Ende ist.

Meines Erachtens gibt es für die Zukunft nur zwei Wege:

a) Die Tageszeitung bleibt von fremden Kapitalgebern weitgehend unabhängig, wird (wieder) eine Mischung aus Flugblatt und Zeitung mit geringem Einfluß und minimalen Werbeeinnahmen. Die stark reduzierte Mitarbeiterschar erhält eine Art Aufwandsentschädigung. Die Existenz eines solches Blattes hängt ständig an einem seidenen Faden.

b)Die tageszeitung öffnet sich fremden Kapitalgebern. Dies kann auf verschiedenen Wegen geschehen. Der praktikabelste ist meines Erachtens, daß die Tageszeitung eine GmbH&Co. KG (ja, übelster Kapitalismus, tut mir auch weh!) wird. Die GmbH als Komplementär könnte ein Verlag, aber auch eine beliebige Gruppe natürlicher Personen sein. Diese wären dann die Geldgeber. Es ist verständlich, daß diese Personen mitreden wollen; sie möchten schließlich wissen, was mit ihrem Geld geschieht und — ab und zu — einen gewissen Ertrag sehen. Dabei dürfte es weniger direkt um neue Inhalte gehen — wer jetzt in die tageszeitung investiert, liebt sie so, wie sie ist — , sondern vielmehr um Organisationsstruktur, Ausgaben, Werbung etc. Der greibare Vorteil dieser Lösung wäre, daß sich die finanzielle Situation der Zeitung und damit auch die ihrer MitarbeiterInnen verbessern würde. Der journalistische Aderlaß würde sich abschwächen.

Es liegt meines Erachtens an der jetzigen Geschäftsführung der tageszeitung, wichtigen politisch links stehenden Persönlichkeiten und Institutionen, die über Geldmittel verfügen, die derzeitige Situation der Zeitung zu verdeutlichen. Die tageszeitung ist eine der wichtigsten Sprachrohre für Linksliberale bis Grüne in Deutschland! Gerade angesichts der zur Zeit widerwärtigen innenpolitischen Lage, wäre es für mich unbegreiflich, wenn um den Erhalt der tageszeitung nicht mit Erfolg gekämpft würde. Gunnar Bluhm, (West-)Berlin

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