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Mit der Rute auf Spurensuche

■ Architekten nutzen Rutengänger für baubiologisches Bauen

Auf dem ersten überregionalen Bremer Ökomarkt am vergangenen Wochenende war der Stand der Rutengänger dicht umlagert: Wünschelruten wurden geboten, „für jedermann“. Plastikverpackt, das Paar für DM 20 — zum kostengünstigen Messepreis. H.-Eugen Jäger, der Vorsitzende der „Vereinigung deutscher Rutengänger e.V.“ in Runkel (Hessen), ist mit Kollegen und Info- Bus nach Bremen gekommen.

„Abstrahlungen aus der Erde kann im Prinzip jeder sichtbar machen“, meint er und drückt einem skeptisch dreinblickenden Mann die beiden federleichten Aluminiumbügel in die Hand. „Vorsichtig, nicht so ruckartig nach vorn gehen, die Bügel locker halten“, sagt Jäger dem Neuling. Als sich die Spitzen der Bügel langsam aufeinander zu bewegen, wenige Schritte weiter sogar überkreuzen, erklärt Jäger: „Jetzt kommen Sie in ein Störfeld.“

Die Aluminiumbügel geraten in Bewegung, sobald sich der Körper des Menschen, der sie in der Hand hält, als Reaktion auf unsichtbare Ströme unmerklich verspannt. So erläutert Rutengänger Jäger das Phänomen der Wünschelruten. Auf deren Material komme es deshalb nicht an: Weidenzweige wirken ebenso wie Metall-oder Kunststoffbügel.

Welche Stoffe und Spannungsfelder allerdings auf den Organismus wirken — ob es elektrischer Strom oder Erdverwerfungen sind, das könnten nur erfahrene Rutengänger unterscheiden. Die rund 150, die sich bundesweit in drei Organisationen zusammengeschlossen haben, versuchen, sich über einen Ehrenkodex und strenge Richtlinien von den „Spinnern und Fanatikern“ zu trennen, die auf dem boomenden Markt ihre Dienste anbieten. Für den Bremer Architekten Hanta Heinzelmann gibt es keinen Zweifel: Rutengänger sind wesentlicher Bestandteil seiner baubiologischen Arbeit.

Naturvölker haben sich dieses uralte Wissen ganz anders bewahrt. „Sie wissen, man kann sich da beruhigt hinlegen, wo sich ein Hund einen Platz gesucht hat“, meint H.-Eugen Jäger. Denn Hunde seien „Strahlenmeider“. Auch die alten Schäfer wüßten dies und würden sich darauf einstellen. Katzen dagegen seien z.B. Strahlensucher.

Wenn Menschen sich ihre Schlafräume untersuchen lassen, dann mit dem Ziel, für die nötige Entspannungs-und Erholungsphase einen möglichst spannungsfreien Platz zu finden. „Wenn nach all dem Streß auch noch nachts das Spannungsfeld von einer Wasserader oder nicht abgeschalteten Elektrogeräten auf den Körper wirkt, dann kann sich der Mensch nicht erholen“, sagt Jäger.

Manchmal reiche es, das Bett zu verrücken oder ein Relais in den Stromkreislauf des entsprechenden Zimmers einzubauen, um Störungen zu entkommen. „Ganz kann man sich den Erdstrahlen aber nicht entziehen“, so der Rutengänger. Dies sei auch nicht wünschenswert: In einem strahlungsfreien Raum würden Menschen sich gar nicht wohlfühlen. „Nicht umsonst werden den Astronauten inzwischen künstliche Strahlungsquellen mit ins All geschickt.“ ra

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