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Akademie/Ost

Eines steht fest: Die Mitglieder der Ostberliner Akademie der Künste wollen ihren Musentempel retten. Dessen Chef, Theaterregisseur Heiner Müller, erklärte gestern auf einer Pressekonferenz: »Wenn wir den Einigungsvertrag ernst nehmen wollen, sind beide Berliner Akademien nötig«. Der Regisseur Heiner Karow pflichtete ihm bei: »Es geht einfach nicht, sie aufzulösen.«

Anlaß für diese starken Worte war eine Plenarversammlung der Akademie/Ost am Donnerstag nachmittag, auf der über ihre Zukunft entschieden werden sollte. Fazit: Müllers Vorschlag, »alle Mitglieder der Ostberliner Akademie sollen ihre Mitgliedschaft zur Disposition stellen und ein Gremium von fünf Mitgiedern jeder Sektion wählen, das eine neue Akademie konstituiert, auch und vor allem durch Zuwahl von jungen Mitgliedern«, wurde angenommen.

Von den gegenwärtig 145 ordentlichen Mitgliedern (und 81 außerhalb des Landes lebenden sogenannten korrespondierenden) rückten 56 am Donnerstag an. 52 bejahten die Frage »Wer ist bereit seine Mitgliedschaft zur Disposition zu stellen«, vier — Helmut Sarkowski, Günther Rückert, Stefan Hermlin und Eckehard Schall — stimmten dagegen. Hermann Kant, Chef des einstigen DDR-Schriftstellerverbandes, weigerte sich schriftlich, seine Mitgliedschaft zu kündigen. Heiner Müller: »Wenn er nicht dazu bereit ist, muß man mit ihm reden.«

Das am Donnerstag gewählte Gremium aus 20 Mitgliedern soll nun auch Verhandlungen aufnehmen über einen künftigen Status beider Berliner Akademien.

In diesem Gremium sitzen unter anderen der Bildhauer Fritz Cremer, die Regisseurin Ruth Berghaus, die Komponisten Ruth Zechlin, Georg Katzer und Friedrich Schenker, die Schriftsteller Volker Braun, Christoph Hein, Stefan Hermlin und Christa Wolf.

Inzwischen lassen die Ostakademiker auch Rechtsanwalt Reiner Geulen für den Erhalt der Akademie streiten. Er hat herausgefunden, daß eine Auflösung der Ost-Akademie der Künste, wie sie im Staatsvertag festgeschrieben ist, überhaupt keine Gültigkeit hat. Denn: Der Staatsvertrag wurde noch von keinem der neuen Bundesländer unterschrieben...

Auch die emsigen Bemühungen des Berliner Senats, die Akademie bis zum Jahresende abzuwickeln und aufzulösen, sieht Geulen als gescheitert an: Abwicklungen hätten bis zum 31.Januar 1990 angekündigt werden müssen. Die Ostberliner Akademie aber habe erst im April 1990 das Schreiben des Senats vorgefunden.

Scharfe Kritik übte Geulen auch am West-Pendant. Das zeichne sich durch eine »vornehme Zurückhaltung« aus und bemühe sich nicht, beide Akademien zusammenzuschließen. Geulen: »Wenn schon nicht aus kulturpolitischem Weitblick, dann jedenfalls in eigenem Interesse« werden die Wessis sich bequemen müssen, mit dem gewählten Gremium und ihrem Präsidenten umgehend zu verhandeln.

Kultursenator Ulrich Roloff-Momin hält das Gremium für einen »längst überfälligen Schritt«, der jedoch »noch keine neue Lage schafft«. Denn die seit zwei Jahren überfällige Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und eine Definition der künftigen Ziele blieb — wie gehabt — auf der Strecke. Bärbel Petersen

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