: Mit Doppelsalti zur Premiere
■ Neuling SC Berlin gewann Auftakt zur Kunstturner-Bundesliga
Mitte. Der Kunstturntrainer des SC Berlin hat klare Zukunftsvisionen: Er will dem Turnen in Berlin neuen Auftrieb geben. Und wirklich: Die Bundesliga-Premiere seines SC am Sonnabend war eine gelungene Sache. Kurzerhand putzten die Berliner die wendigen Männer vom Chemnitzer SC mit 221,70:217,40 Punkten. Aber ganz so verwunderlich war dieses Ergebnis nicht. Denn vor der Wende in der DDR hieß der Verein „Dynamo“, jener Klub also, der seit 1955 zwölf Europameister, elf Weltmeister und vier Olympiasieger hervorgebracht hat. Auch die aktuelle Mannschaft besteht fast ausschließlich aus Mitgliedern des Bundeskaders; Andreas Wecker gar ist Vizeweltmeister an den Ringen.
Nun kennt man Turnen von den Länderturnieren aus dem Fernsehen. Aber was ist Bundesliga-Turnen? Ganz einfach. Zwei Vereine tun das, was die Ländermannschaften auch tun, nur der Reihe nach hintereinander weg. Dem Zuschauer wird erleichtert, die Leistungen direkt zu vergleichen, zumal der Hallensprecher die geforderten Übungsteile erklärt. Doch auch die Eindrücke sind direkter: Wenn der Ringeturner in 2,75 Metern Höhe hängt, die meiste Zeit in skurrilen Positionen und mit dem Gesicht zur zweifellos recht harten Matratze gewandt, da können die Experten noch soviel über sinkende Unfallzahlen reden: Man ist froh, wenn der junge Mann wieder auf der Erde steht. Und die Regelkenntnis, daß gewisse Kraftteile exakt zwei Sekunden durchgehalten werden müssen (drei Sekunden rechnen die Kampfrichter wohl als Ausruhen), führt beim Betrachter zu starker Anspannung.
Auch das tröstende Gespräch nach verpatzter Übung ist sonst nicht zu sehen, ebenso wie die Nervosität der Sportler vor dem Turnen. Die Übungen selbst sind kurz, es bleibt kaum Zeit, Fehler auszubügeln. Das Publikum ist sowohl fachkundig wie parteiisch; auserkorener Liebling ist natürlich der 21jährige Andreas Wecker. Er sieht die Turn-Bundesliga, in der außer Berlin und Chemnitz noch Bayern München, Potsdam, Halle, Stuttgart, Cottbus und Hannover vertreten sind, als „gute Gelegenheit, die nervliche Stabilität im Wettkampf zu trainieren“ und „Neues unter Ernstfall-Bedingungen auszuprobieren“. Elke Wittich
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