Gottes Hurensohn

New York (dpa/taz) — Der prominente US-Fernsehprediger Jimmy Swaggart, der viele Jahre lang mehr Spenden als irgendein anderer Seelenfänger auf seine Konten lenkte, scheint vor dem Ende zu stehen: Die US-Fernsehsender zitierten am Montag mehrere seiner Freunde, die Swaggarts Kapitulation ankündigten. Der Tele-Evangelist war mit Porno-Heften und in Begleitung einer Hure von der Polizei erwischt worden.

Der Mann, der durch seine glühenden Anklagen gegen die verlotterte Sexualmoral der Amerikaner zu Ruhm und Millionen kam, wurde in Kalifornien von Polizisten gestoppt, weil er Schlangenlinien fuhr. Der Verdacht, daß Swaggart betrunken war, bestätigte sich nicht. Die Polizisten, die zunächst glaubten, er verberge Alkohol unter dem Fahrersitz, lagen ebenfalls falsch — dort lag eine Bibel, wie es sich für einen Geistlichen gehört — sowie ein halbes Dutzend Porno-Magazine. Auf dem Beifahrersitz saß die 31jährige Rosemary Garcia, die anschließend vor Fernsehkameras freimütig berichtete, daß sie eine Prostituierte sei. Natürlich habe sie das Swaggart auch sofort gesagt, fügte sie hinzu, und der sei anscheinend sehr einverstanden gewesen. Warum das Auto immer wieder über die Mittellinie geriet, wird wohl frühestens vor Gericht festgestellt werden. Vermutet wird, daß Swaggart unkontrolliert fuhr, weil er, als er die Verfolgung durch die Polizei bemerkte, die Pornos im Auto verstecken wollte.

Der 56jährige Prediger hatte pro Jahr 150 Millionen Dollar eingenommen, bevor er im Februar 1988 plötzlich in einem Fernseh-Gottesdienst in Heulen und Zähneklappern ausbrach und gestand: „Ich habe gesündigt.“ Er präzisierte seine Sünde nicht, aber das tat die beteiligte Dame in aller Ausführlichkeit: In einschlägigen Magazinen berichtete sie über ihre Begegnungen mit Swaggart in billigen Vorstadt-Motels und präsentierte den Fotografen jene Körperteile, die auch Swaggart mit Vorliebe und gegen Bezahlung betrachtet hatte. Der Prediger wurde unhaltbar, verlor auf Beschluß der Ältesten in der Sekte „Assembly of God“ seinen Job und verschwand von den Bildschirmen.

Allerdings nur für kurze Zeit. Denn nach wenigen Monaten trat er wieder auf, erzählte seinen Schäfchen, daß Gott ihm vergeben habe, und wettert wie früher gegen die Unmoral. Erst vor kurzem war er von einem Gericht zu zehn Millionen Dollar Schadenersatz verurteilt worden, weil er seinen Konkurrenten Marvin Gorman durch gezielte Indiskretionen über dessen Geschlechtsleben aus dem Amt gedrängt hatte. Gorman hatte in dem aufsehenerregenden Verfahren, in dem es um Ehebruch und Prostituiertenbesuche der Prediger ebenso ging wie um Gotteslästerung durch Handauflegen auf weibliche Körper, 90 Millionen Dollar von Swaggart gefordert. Im breiten amerikanischen „Bibel-Gürtel“ besteht, auch wenn die konkurrierenden Gottesmänner in aller Öffentlichkeit Schmutz über ihr gegenseitiges Sexualleben ausbreiten, kaum Gefahr für das Seelenheil: Tag für Tag treten die unterschiedlichsten Diener ihres Herrn vor die Kameras der privaten Fernsehsender. Wunderheilungen auf offener Bühne, konkrete Verheißungen oder furchtbare Drohungen, vor allem aber die Verurteilung der Fleischeslust haben sich als die probatesten Mittel für hohe Spendenüberweisungen erwiesen.