Zehn Tonnen Gold für Lettland

■ Rückgabe der Vorkriegsschätze/ Ab Sommer wird in Lettland der Lats ausgegeben

Bangkok (taz) — Die jüngst unabhängig gewordene Republik Lettland erhält in den nächsten Monaten aus dem Ausland mehr als zehn Tonnen Gold. Das Gold war 1940 beim Einmarsch der Roten Armee in verschiedenen westlichen Zentralbanken eingefroren worden, darunter in denen Frankreichs, Großbritanniens, der Schweiz und der USA. Mehr als vier Tonnen Gold, die von der britischen Regierung dem früheren sowjetischen Außenminister Kossygin ausgehändigt worden waren, würden an Lettland zurückerstattet, sagte der Chef des lettischen Departments für Außenhandel, Maris Gailis, gegenüber der taz. Am Rande der IWF/Weltbank-Tagung sagte Gailis, der lettische Zentralbankchef habe am Dienstag von Vertretern der Zentralbank in Paris die Zustimmung erhalten, den französischen Anteil bald zurückzugeben. Die mehr als zehn Tonnen Gold seien nicht in den 240 Tonnen enthalten, die der sowjetische Ökonom Grigori Jawlinski als letzte Reserve der Moskauer Zentralbank angibt.

Die neue lettische Währung, der Lats, werde in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres ausgegeben. Noch sei nicht entschieden, ob er an den Ecu angebunden werde, der aus den Währungen der zwölf EG-Mitgliedsstaaten besteht, oder an die Sonderziehungsrechte (SDR) des IWF, der ein Korb aus den fünf weltweit wichtigsten Währungen ist. Am 1. Januar 1992 würden der Außenhandel liberalisiert und die Preise freigegeben. Im Rahmen der baltischen Wirtschaftsunion solle es keine Zollschranken zwischen Lettland, Litauen und Estland geben.

Bei der Frage der Auslandsschulden nimmt Lettland eine Zwischenstellung ein zwischen Estland, das sich vollständig beteiligen, und Litauen, das sich überhaupt nicht an der Rückzahlung beteiligen will. Der lettische Anteil solle mit dem Auslandsvermögen der SU verrechnet werden. Die beste Lösung sei, wenn dabei plus minus null herauskäme. Zum lettischen Auslandsvermögen gehörten die jetzigen sowjetischen Botschaften in der Schweiz, in Finnland und in Frankreich.

Der Präsident des Internationalen Währungsfonds (IWF), Michel Camdessus, hält inzwischen eine Aufnahme der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen als Vollmitglieder des IWF schon im Mai für möglich. Der IWF-Interimsausschuß könnte über die Mitgliedschaft der baltischen Staaten bei seiner Frühjahrssitzung in Washington entscheiden. Die Sowjetunion hat die Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten im September anerkannt. diba