: O-Akademie
Und hier wieder aus der Reihe »Die Ostberliner Akademie und ihre Folgen« das Neueste aus dem Augiasstall. Wie uns 'dpa‘ so reizend auf dem Ticker mitteilt, hat man sich am Donnerstag mal wieder getroffen, um das kulturpolitische Desaster zu dokumentieren. Und sogar Hermann Kant war dabei, soll aber nur schweigend im Publikum gesessen haben. Schweigend saßen auch zunächst die anderen Teilnehmer der Diskussion (Christa Wolf, Stefan Heym, Volker Braun, Stephan Hermlin, Heiner Müller) und hörten sich in der überfüllten Akademie die Tonbandprotokolle des berüchtigten 11. Plenums des SED-Zentralkomitees im Dezember 1965 an, bei dem Ulbricht und Honecker die Treibjagd auf aufsässige Künstler eröffneten. Christa Wolf bekam noch mal Beifall für ihre damalige Courage, obwohl sie heute sagt, daß das mit der Zivilcourage so eine Sache sei, entweder man hat sie oder man hat sie nicht. Heiner Müller war anderer Meinung: »Zivilcourage in der Chefetage ist sehr viel schwieriger. Da geht es nicht weniger subtil und brutal zu als im Politbüro.« (Das wolln wir aber auch hoffen!d.red.) Frank Beyer erinnerte sich noch mal an die Drohungen der Partei: »Wer die Hand gegen die Arbeiterklasse erhebt, dem wird sie abgehauen« (Klasse Spruch, d.red.), dabei habe man doch nur den kleinen Finger zur Wortmeldung erhoben.
Hermlin las dann noch einen alten Brief von sich selber vor, den er 1965 an den Kultursekretär der Partei geschrieben hatte, damit Wolf Biermann seine »höchst originelle und notwendige Kunst« (? d.red.) ausüben könne. Jetzt wieder Müller: Man solle die SED-Funktionäre nicht für Idioten halten, »es waren Leute, die alle ein Trauma hatten« (— aber schützt das denn heutzutage noch vor Idiotie? d.red.). Stefan Heym sprach von einer Sitzung mit »durchaus grotesker Komik (genau das erwarten wir ja auch von dieser Akademie! d.red.) und todernsten Folgen« und beklagte, daß heute wieder die gleichen Autoren wie damals angegriffen würden. Es muß also eine sehr, sehr erbauliche Veranstaltung gewesen sein.
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