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Fortuna brachte Glück

■ Hertha BSC besiegte glücklich die Kölner Fortuna mit 3:2 4.098 Fans sahen fünf Tore und ein ermüdendes Gekicke

Charlottenburg (taz). Der harte Kern der Hertha-AnhängerInnen, über den ein Zuschauer sagte, »gestern noch Türkenbusse verbrannt, heute schon wieder im Stadion«, war sauer: Weil sie ihre angestammten Sitzbänke niedergemacht hatten, mußten sie auf der Gegengeraden Platz nehmen. Wo sie allerdings die »Runderneuerung« der Sitzgelegenheiten fortsetzten. Weil man gerade dabei war, sich schlecht zu benehmen, mußte sich auch der ägyptische Stürmer der Kölner, Mohamed Azima, dämliche Sprüche anhören.

Der Tabellenletzte aus Köln war ein durchaus gleichwertiger Gegner. Aber schon in der elften Minute geriet er nach Saisontor Nummer sechs von Mike Lünsmann in Rückstand. Die Fans wurden davon nicht fröhlicher, sondern begaben sich in den Unterrang, um dem Hertha-Vorstand passende Worte zu sagen. Der regte sich aber nicht, stattdessen gelang es in der 43.Minute Jens Pfahl, nach Eingabe von Lottner, den Ball zum 1:1 ins Tor zu stolpern. Pfiffe begleiteten die Hertha in die Pause.

Höchst zufriedene Fortunen kamen aus der Kabine. Sie setzten auf Ergebnishalten und führten die ganze Bandbreite spielverzögernder Maßnahmen vor: Der Torwart kam nicht zur Ruhe, es wurde quer- und zurückgespielt, alles bei fast völliger Bewegungslosigkeit. Mike Lünsmann aber sah sich das nicht lange an, zog ab und es stand 2:1 (52.). Als in der 58.Minute auch noch Theo Gries traf, hatten es die Fortunen sehr eilig. Kaum zwei Minuten später war es wieder Pfahl, der aufs Tor schoß — der Ball schlug ein paarmal zwischen Querlatte und Torlinie hin und her und war dann drin — 2:3.

Fortan ging den Fortunen alles viel zu langsam. Kein Berliner Balljunge kam mehr an einen herausgerollten Ball, hilfsbereite Kölner waren überall. Beim Spiel der Berliner aber wurden Erinnerungen wach. Da war es wieder: das konfuse Herumgestochere vor beiden Toren, das wirre Kombinationsspiel und auch die lächerlichen Fehlpässe fehlten nicht. In der 73.Minute wäre der verdiente Ausgleich auch fast gefallen, aber Hans-Jörg Schneider traf nur die Latte und hätte am liebsten in den Torpfosten gebissen.

Die Berliner probierten es mit Auswechslungen, aber es kam nicht der vom Publikum stürmisch geforderte Halvorsen (vergessen war das »Ausländer raus!«), sondern bloß Torsten Gawitzke. Nur unverschämtes Glück und harmlose Fortunen- Angriffe retteten die beiden Punkte. Hertha bleibt zu Hause ungeschlagen, aber so richtig glücklich war keiner. Die Kölner waren selbstverständlich besonders niedergeschlagen. Hertha-Coach Bernd Stange sprach von einem mühevollen Arbeitssieg. »Das 3:3 hätte dem Spielverlauf wohl eher entsprochen«, moserte dagegen Kölns Trainer Roggensack. Er war zu verstehen, weil er vielleicht des Baseball-Trainers Bill Musselmanns Worte im Hinterkopf hatte: »Die Niederlage ist schlimmer als der Tod, weil man mit der Niederlage leben muß.« Elke Wittich

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