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Ex-Stasi integrieren

■ Verfassungsschutz-Chef befürchtet Anschläge und Straftaten, falls sich die Verhältnisse nicht ändern

Berlin. Eine rasche Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen ehemaliger Stasi-Mitarbeiter hat der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Eckhardt Werthebach, gefordert.

Wenn dies nicht geschehe, sei mit Anschlägen und Straftaten zu rechnen, sagte Werthebach. Hunderttausende ehemaliger Angestellter von Staatssicherheit, Grenztruppen, Volkspolizei und Parteiführung der ehemaligen DDR seien nach der Wende förmlich »ins Nichts gefallen« und sind nunmehr auf das Sozialamt angewiesen.

Die verhältnismäßig geringen Renten und Einkommen für Ex-Stasi-Mitarbeiter, ihre zudem aussichtslose Lage auf dem Arbeitsmarkt und ihre Ausgrenzung aus der Gesellschaft hätten »zu einer hochbrisanten Stimmung geführt«.

Dem Verfassungsschutz seien bereits Fälle bekannt, »in denen Ex- Stasi-Mitarbeiter in die Kriminalität abgerutscht sind und Überfälle oder Erpressungen begangen haben«, sagte Werthebach. Viele der Betroffenen verfügten über Wissen im Umgang mit Waffen und Bomben, über die Ausführung von Anschlägen und über geheime Waffendepots. »Ich befürchte, daß sie von diesem Wissen noch einmal Gebrauch machen könnten, wenn sich ihre Lage nicht bald bessert«, sagte der Verfassungsschutzpräsident. »Anschläge wären dann nicht auszuschließen.«

Werthebach forderte Bundesregierung und Bundestag auf, »in dieser Problematik schnell zu handeln« und die Berufsmöglichkeiten für ehemalige MfS-Mitarbeiter zu verbessern.

So sollten sie auch die Chance haben, »in unpolitischen und nicht sicherheitsrelevanten Positionen in Behörden« eingestellt zu werden. »Da schlummert ein wirklich schlimmer Konfliktherd, der jederzeit explodieren kann«, warnte der Verfassungsschutzpräsident Werthebach. afp

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