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Kohl: „Tut ihn wieder rein“

Manaus (ap/taz) — Für den Kanzler wurde ein Traum wahr: Vor seinem Schlafzimmer turnten die Affen, in den Bäumen rings um den leicht schwankenden Holzbau kreischten Papageien, und auf dem nahen Fluß schaukelten hölzerne Boote. Helmut stand mitten im tropischen Regenwald.

Umgestiegen von einer weißen Privatjacht auf einen zwölf Personen fassenden Holzkahn mit dem Namen „Helmut Kohl“ am Bug, sollte Helmut auf einem flachen Seitenarm des Rio Negro das letzte Stück des Weges zu seiner Dschungelherberge zurücklegen. An einer Rodung direkt am Ufer ließ er anhalten, erklomm voller Abenteuerlust die glitschigen Holzstufen, die eine etwa acht Meter hohe Böschung hinaufführten, und begrüßte eine Indiofamilie, einen Fischer, seine Frau und ihre Kinder. Helmut wollte wissen, wie der Kahn abgedichtet wird, den der Mann da gerade in Arbeit hatte. Die Antwort ist leider nicht überliefert. Von Deutschland hatte der Fischer auch schon gehört, allerdings blieb ihm verborgen, wer der offenkundig (über-)gewichtige Gast in seiner Hütte war und was er wollte.

Als Helmut später über schwankende Planken und Stege in seinem Dschungelhotel ankam, wurde ihm eine Halskette mit einem federgeschmückten Amulett verehrt. Angeblich hilft es gegen Malaria. Gleichzeitig machte ein neugieriger Nasenbär die Runde, und überall turnten Wolläffchen herum. Unangemeldete brasilianische Fernsehreporter bekamen Helmuts Unmut zu spüren, der sich ausbedungen hatte, daß von seinem Ausflug in den Regenwald keine bewegten Bilder gemacht werden sollten.

Nach dem Abendessen mit gebratenem Fisch und Fleisch wurden die Besucher, Helmut und sein Gefolge erneut in die Kähne verfrachtet. Bei völliger Dunkelheit fuhren sie den Fluß entlang. Mit starken Scheinwerfern leuchteten Mitarbeiter des Dschungelhotels in Erinnerungs- T-Shirts zum Besuch des Kanzlers die Ufer und das Wasser ab. Plötzlich griff einer in die gelbliche Brühe und hielt einen kleinen Kaiman in die Höhe. Das vor Schreck völlig erstarrte Reptil wurde Helmut präsentiert, der es ganz vorsichtig mit dem Finger berührte und dann großmütig entschied: „Tut ihn wieder rein.“ Auf einem anderen Boot erscholl kurz darauf ein spitzer Schrei: Einem weiblichen Delegationsmitglied war ein Fisch auf den Schoß gesprungen.

Ein gefährlicheres Abenteuer hatte später Hans-Peter Repnik, Parlamentarischer Staatssekretär im Bonner Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit, zu bestehen. Er war in einem Baumhaus, genannt „Tarzans Haus“, im Gipfel eines mächtigen Baumes untergebracht. Als er die Treppen zu seiner Unterkunft erklimmen wollte, blockierte ein großes Affenweibchen mit seinem Jungen den schmalen Zugang. Repnik, den die Hotelbesitzer vor Affenmüttern mit Nachwuchs gewarnt hatten, stieg „ganz ganz vorsichtig“ über die Tiere, wie er am nächsten Morgen berichtete. Er gestand ein: „Ich habe schon ein bißchen gezittert.“

Auch der verwegene Helmut selbst hatte nach der Nacht in seiner sogenannten Präsidentensuite etwas Tolles zu erzählen. Auf der Veranda, direkt vor seinem Zimmer, hätten die Affen herumgetobt und sogar an sein Fenster geklopft. „Das war wie bei uns zu Hause“, scherzte Helmut gut gelaunt, ließ allerdings offen, an wen in Bonn ihn die nächtlichen Besucher erinnert haben.

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