: Die Anderen: Magyar Hirlap-betr.: Polens Wahl
Betr.: dito
Die ungarische Tageszeitung:
In Polen stellt sich jetzt erst wirklich heraus, auf welchen Teil der Macht die ehemaligen Kommunisten Anspruch erheben können, denn niemand hat vergessen, daß vor zwei Jahren 65 Prozent der Mandate von vornherein den Kommunisten zustanden. Die Gewerkschaftsbewegung Solidarität — einst Sinnbild nicht nur der polnischen, sondern der osteuropäischen Opposition — ist zerfallen. Walesa, der Volkstribun, müßte jetzt beweisen, wer er ist, aber es hat sich schon gezeigt, daß er eben das ist, was er immer selbst behauptete: ein Durchschnittsbürger.
In Polen wissen nur wenige, wem sie ihre Stimme geben sollen. Alle wollen die Marktwirtschaft, aber niemand weiß, was das genau bedeutet. Die Parallelen zeigen: Das Verschwinden der kommunistischen Macht genügt nicht, um aus der Euphorie der Demokratie die Wirklichkeit der Demokratie zu schaffen. Und auch die Polen müssen bei den ersten wirklich freien Wahlen nach dem Krieg weise zur Kenntnis nehmen, daß der tatsächliche Pluralismus auch in Ost-Mittel-Europa eine notwendige, aber bei weitem nicht genügende Voraussetzung der Demokratie ist.
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