: Die Zukunft ist blechern
■ Die Studie der Shell-AG über die Zukunft der automobilen Gesellschaft stellt zwei Varianten vor. Besonders beglückend ist keine von beiden zu nennen.
Bevölkerungswachstum und ein noch sehr viel schnelleres Wachstum der Blechkarossenzahl bei allerdings sinkenden CO2-Emissionen — so lautet das Ergebnis der neuesten Shell-Studie für die Entwicklung des PKW-Bestandes im vereinten Deutschland bis zum Jahr 2010. Der Multi mit der gelben Muschel hat in seinem Szenario zwei alternative Entwicklungspfade zugrunde gelegt: „Europa im Wandel“ und „EG als Block“.
Bei der ersten, freundlicher klingenden Variante „Europa im Wandel“ geht es mit der Motorisierung wesentlich flotter voran. Die jetzige Zahl von 36,1 Millionen Privatwagen soll fast um zehn Millionen Stück auf 45,8 Millionen ansteigen. Bei den Neuzulassungen bilden die Ostdeutschen eine nahzu doppelt so große Gruppe wie die Westdeutschen: 6,4 Millionen Ostdeutsche werden bis zum Jahr 2010 ihren neuen Kfz- Schein freudig in Empfang nehmen; unter den stärker motorisierten Westdeutschen werden es immerhin auch weitere 3,3 Millionen sein. Damit würden die Automobilisten in den Bundesländern Ost dann die Vereinigung zumindest im Bereich „Autos pro Kopf“ nahezu vollzogen haben: Auf 1.000 Erwachsene kämen im Osten 660 PKW und im Westen 706 PKW.
Die zweite, weniger beglückend lautende Szenario- Variante „EG als Block“ bringt es lediglich auf 41 Millionen PKW im Jahr 2010, also fünf Millionen weniger als in der ersten Variante, aber immer noch knapp fünf Millionen mehr Stinker als heute. Gemäß den Verfassern der Studie erhöht sich in Variante 2 der Motorisierungsgrad in den alten Bundesländern nur wenig, während er in den neuen Bundesländern von derzeit 385 auf 570 PKW für 1.000 Erwachsene klettert.
Die CO2-Emissionen sinken bei der Variante 2 „EG als Block“ auf etwa die Hälfte des Wertes von 1990. Die Shell-Studie macht dafür ein instabiles Wirtschaftsklima mit geringerem Wachstum, eine Verkehrspolitik der Ge- und Verbote, einen reduzierten Kraftstoffverbrauch von im Schnitt sechs Litern auf 100 Kilometer sowie einen Anteil der Diesel-PKW von 25 Prozent verantwortlich.
Demgegenüber nehmen die CO2-Emissionen bei Variante 1 „Europa im Wandel“ nur um 15 Prozent ab. Das Bruttosozialprodukt wächst kontinuierlich mit einer Rate von etwa vier Prozent. Die Verkehrspolitik ist nicht „dirigistisch“, sondern „marktwirtschaftlich“ orientiert. Die jährlich gefahrene Strecke pro PKW geht kaum zurück, und der Durchschnittsverbrauch pendelt sich bei sieben Liter ein. Thomas Worm
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