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Wenig Klasse, aber viel Spannung

■ Blau-Weiß Spandau spielt nach dem 20:20 gegen den THW Kiel in Berlin weiterhin ungeschlagen Nach einem niveauarmen, aber dramatischen Spiel bleiben die Blau-Weißen im Bundesliga-Mittelfeld

Charlottenburg (taz) — Arm in Arm gingen Uwe Kern und Carsten Hein aus der Halle und meinten unzufrieden, aber erleichtert: „Scheißspiel!“. Naja, ein wenig haben die beiden Torhüter von Blau-Weiß Spandau bei ihrer Spielanalyse übertrieben, doch berauschendes boten weder ihre Vorderleute noch die Gäste vom THW Kiel. Nur fürchterlich spannend war es, immerhin, denn für wenige Minuten zeigten beide Mannschaften, daß sie auch spielerisch etwas zu bieten haben. Dabei waren die Mannen aus dem Norden vom Turnverein Hassee-Winterbek ein wenig zu verspielt und verschenkten großzügig einen Punkt.

Für die Spandauer ein nettes Geschenk, bleiben sie damit zu Hause weiter ungeschlagen und damit bei ausgeglichenem Punktekonto weiter gut im Rennen um die Qualifikation für die einteilige Bundesliga im nächsten Jahr. Umso erstaunlicher wird dieses erkrampfte Unentschieden, da die Kieler in dieser Saison auswärts noch kein Spiel verloren. Seine Erfolgstaktik beschrieb Spandaus Trainer Uwe Janke so: „Wenn wir den Gegner in der ersten Halbzeit unter zehn Toren halten, haben wir gute Chancen, zu gewinnen.“

Genauso begannen seine Spieler. Allerdings wurde es ihnen leicht gemacht durch eine Kieler Abwehr, die selig die ersten zehn Minuten verschlief und einen Spieler überhaupt nicht wahrzunehmen schien; Spandaus Halblinken Andreas Wigrim, der fix sein Team mit 4:0 in Führung brachte. Genau umgekehrt lief es die nächsten zehn Minuten, ein halbes Dutzend Spandauer Abspiel- oder Fangfehler brachten genügend Chancen für den THW, klar davonzuziehen. Nur der erstklassig haltende Carsten Hein sorgte dafür, daß mehr als ein mageres 6:6 zur Halbzeit nicht heraussprang. Mit seiner Leistung übertrumpfte er sogar sein Gegenüber, welcher immerhin Nationaltorhüter Michael Krieter war.

Für die zweite Hälfte hatten sich die Kieler einiges vorgenommen. Nun spielten sie wirklich im Wortsinne, konnten Wolfgang Schwenke und der Welthandballer des Jahres 1990, Magnus Wislander, entweder im Duett scheinbar leicht die Spandauer Abwehr lächerlich machen oder glänzten durch wunderbare Anspiele an Kreisläufer Olaf Zehe. Den Spandauern fiel dazu nicht mehr allzu viel ein. Andreas Nagora war vollkommen von der Rolle und ließ den Ball öfter fallen als daß er ihn warf, und überhaupt konnte von klugem Aufbauspiel nur bei wenigen geschickten Anspielen auf Juri Schewzow die Rede sein.

Da war es doch ganz normal, daß Spandau vier Minuten vor dem Ende mit 15:20 zurücklag und das Spiel gelaufen schien. Bis Trainer Janke die geniale Idee kam, auf extrem offensive 4:2-Abwehr umzustellen, was den Kielern überhaupt nicht behagte. Statt sich weiter um Tore zu bemühen, spielten sie ein wenig überheblich und unkonzentriert auf Ergebnishalten, verwarfen und verdaddelten leichte Bälle und fingen sich gemeinerweise durch pfiffiges Konterspiel noch den Ausgleich ein.

Über ihre eigene Paddeligkeit regten sich die Kieler Spieler nach dem Schlußpfiff fürchterlich auf, allerdings nicht bei sich selbst, sondern mehr durch kleine Schubserchen gen Schiedsrichter. Ihre Fans dagegen warens zufrieden. Sie bedankten sich nach dem Spiel über das Hallenmikrofon für die angenehme Atmosphäre und Gastfreundlichkeit der Spandauer, was wohl vor allem dem Frühstücksbuffet zu verdanken war, das Blau-Weiß Spandau vor dem Spiel für alle Zuschauer angerichtet hatte. Umsonst! Schmiernik

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