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Rechtsextremer Polacek kämpft um Bleiberecht

■ Beschwerde gegen sofortigen Vollzug der Ausweisung hat Erfolg/ Rechtsextremist kündigt „Rache“ an

Göttingen (taz) — Die Uhr für Karl Polacek schien bereits abgelaufen. Bis heute um 24 Uhr sollte der österreichische Neonazi und niedersächsische Landesvorsitzende der rechtsextremistischen Freiheitlichen Deutschen Arbeiter-Partei (FAP) sein zur Festung ausgebautes Haus in Mackenrode und die Bundesrepublik Deutschland verlassen haben.

So sah es eine Ausweisungsverfügung des Landkreises Göttingen vor.

Da er wiederholt durch Gewalt in Worten und Taten aufgefallen sei, habe Polacek sein Gastrecht verwirkt, hieß es zur Begründung in dem Schreiben der Behörde. Das Innenministerium in Hannover hatte angekündigt, die Abschiebung „so schnell wie polizeitaktisch möglich“ zu vollziehen.

Nachdem er zunächst verlautbart hatte, sich seiner Ausweisung gewaltsam zu widersetzen, beschritt der 57jährige Rechtsextremist in letzter Minute — am Freitag vergangener Woche — dann aber doch noch den Rechtsweg. Über seinen Hamburger Anwalt Rieger legte Polacek beim Verwaltungsgericht Braunschweig Beschwerde gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Ausweisung ein. Und hatte damit auch Erfolg.

Die Verwaltungsrichter wollen jetzt frühestens in der übernächsten Woche darüber befinden, ob sie der Beschwerde stattgeben. Die Chancen, daß sich der verwaltungsjuristische Clinch lange hinzieht und der Neonazi noch auf unabsehbare Zeit sein Unwesen in Südniedersachsen treiben kann, stehen nach Einschätzung von Göttinger Rechtsexperten nicht schlecht.

Seine nächsten Aktionen hat Polacek auch schon angekündigt: Rache für den 26.Oktober. Am vorletzten Samstag hatten fünfzig Autonome das Mackenroder FAP-Zentrum angegriffen und sich mit dreißig Rechtsradikalen eine Straßenschlacht geliefert. Dabei waren fünfzehn Neonazis verletzt worden, der Polacek-Zögling Stefan Koller schwer. Einige der „Feinde“ seien von seinen Anhängern erkannt worden, sagte Polacek später gegenüber Journalisten. Sie müßten mit „Vergeltung“ rechnen.

Von Rechtsextremisten provozierte Auseinandersetzungen sind bereits für das kommende Wochenende nicht auszuschließen. Mitglieder von Kirchen- und Friedensgruppen haben angekündigt, am Samstag vor Polaceks Haus erneut zu einer „Mahnwache gegen Ausländerfeindlichkeit“ aufzuziehen. Und in Göttingen findet zum Jahrestag des Judenpogroms zeitgleich eine Großdemonstration gegen Neofaschismus statt.

Und auch wenn Karl Polacek wirklich eines Tages seine Koffer packen muß, ist ein Ende der rechtsextremistischen Gewalt in der Region nicht abzusehen. FAP-Anhänger haben angekündigt, die Mackenroder „Landesgeschäftsstelle“, die in der Vergangenheit immer wieder Basislager für Wehrsportübungen und Übergriffe gegen AusländerInnen und Linke war, in jedem Fall weiterzuführen. Reimar Paul

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