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■ Umweltfrau beim Gemüseputzen * "Greenpeace Ein Innenleben", N3, Sonntag, 14.15 Uhr
Ein Greenpeacer und ein Journalist telefonieren. Sagt der Greenpeacer: „Könnt Ihr nicht zur Firma Sondermüll kommen, wir haben dort ein Transparent am Schornstein aufgehängt?“ Der Journalist gähnt zweimal und meint: „Vergiß es, wenn Ihr den Schornstein gesprengt habt, kannst Du wieder anrufen!“ Der Witz ist leider längst Realität. Um die Medien-Aufmerksamkeit zu erhalten, sind die Umweltorganisationen auf immer spektakulärere, aufwendigere und teurere Aktionen angewiesen. Das Geschäft von Greenpeace wird immer schwieriger. Zugleich ist der „Umweltkonzern“ wegen seines Finanzgebahrens und Marketings massiv in die Kritik geraten. Und während sich die Aktionen langsam abnutzen, dringen die Regenbogenkämpfer immer tiefer in die politische Arena ein. Regierungsdelegationen bei Umweltkonferenzen werden, wie etwa die neuseeländische Abordnung auf dem Antarktis-Meeting, inzwischen schon von Greenpeacern angeführt, bei Umweltskandalen holt der Minister ihren Ratschlag ein. Das alles böte spannendes Material für einen interessanten Film. Doch nichts von dem wurde in dem Zweiteiler thematisiert. Statt dessen das alte Lied vom gefährlichen Job im Schlauchboot vor der Bugwelle eines britischen Atomkreuzers. Dagegen ist nichts zu sagen, nur ist das für einen ganzen Film etwas wenig, auch wenn die Vorbereitung dieser Aktion in allen Einzelheiten gezeigt wird. Dafür hatte man sich die 32jährige Leiterin der Kampagne („Ich kämpfe gegen 16.000 Atomwaffen“) ausgesucht und sie tagelang bei jedem Handgriff begleitet. Doch leider ist das Tippen von Manuskripten, Aussuchen von Fotos und das Gemüseputzen bei einer Greenpeace-Frau nicht unbedingt aufregender als derselbe Vorgang bei der Sachbearbeiterin der Baustoffhandlung Meier & Co. Da interessante oder gar kritische Fragestellungen fehlten, rutschte der Film immer mehr in eine langweilige Selbstdarstellung ab. Immerhin wissen wir jetzt, daß man „lernen muß, mit seinen Kräften hauszuhalten“, daß man „Prioritäten setzen“ oder „manchmal hart durchgreifen muß“ und sogar, daß man von der Arbeit müde wird. Vom Innenleben von Greenpeace erfuhr man dafür wenig. Und mancher wäre eingeschlafen, wenn am Ende nicht endlich ein paar zupackende Umweltkämpfer doch noch in See gestochen wären. Hart geurteilt, war der Film von Hans- Otto Wiebus nichts anderes als ein Stück Hofberichterstattung. Und selbst die kann man spannender machen. Manfred Kriener
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