: Heilung des Inneren Kindes
Paul & Paula freuen sich seit Wochen ganz ganz herzig auf die Esoteriktage, die von heute bis Sonntag in Ernst Waldau sein klein Häuschen stattfinden. SIE will sich so ein reizendes Amethyst-Pendelchen am vollmondgetränkten Naturseidenfaden kaufen, mit Pyramidenenergie geladen und tantrisch verstärkt. ER informiert sich für den nächsten Wildman-Ausflug durch die Wildeshauser Geest über Erdstrahlen und die Kunst des Lichtgebens, weil:Die Fahrradlampe hat einen Wackelkontakt und irgendwie hat das sicher was zu bedeuten. Vielleicht gelingt auch noch die Heilung des Inneren Kindes oder das Einchecken zum Ufo-Flug mit Esonaut Virgil Armstrong. Die Welt steckt voller Abenteuer für jene, die sich vom Denken emanzipiert haben.
Na endlich! Auch unsere vierbeinigen Freunde, die nässenden, kläffenden und allen Sprichworten zum Trotz dennoch allzuoft beißenden Tretminenleger aus der großen Hundefamilie werden jetzt auch von der Light-Welle erfaßt und damit wohl ins Verderben gestürzt. Bei Vitakraft aus Arbergen wird jetzt auch kalorienarme Vollwertkost als Hundemüsli light in die Tüte gepackt — und zum Frühjahr gibt' s dann auch noch Snacks für den kleinen Hunger zwischendurch. Für alle Hunde, die beschlossen haben, immer schlank zu bleiben...
Joiojoi, Mama. Dieser Herbert Wulfekuhl! Mit dem undogmatischen Mut des nonkonformistischen kleinen Arschlochs stellt er am Vorabend der Reichskristallnacht „Zehn Zwischenfragen zum Streit um das Asylrecht“ vor. Darin räsoniert er über das grundgesetzliche Asylrecht mit etwa dieser Überlegung: „Hat nach der deutschen Vereinigung eventuell eine Projektion des früheren Selbstbestrafungsgedankens, die deutsche Teilung sei (ewige) Strafe für Auschwitz, auf Asylbewerber und Zuwanderer stattgefunden?“ Tja, Volksgenossen, raus aus dem Büßerhemd, wir sind wieder Herr im Haus!
Üblicherweise liest man sowas, nur nicht so vertrackt formuliert, in den Leserbriefen der Rittmeister a.D. zu den publizistischen Niederschlägen des Historikerstreits — Wulfekulh aber ist immerhin der Herr Cheef der Landeszentrale für politische Büldung. „Gibt es einen deutschen Hang zum Irrationalen und Utopischen, aus dem heraus wir Fremde entweder erbarmungslos umbringen oder kritiklos lieben? „ Diesen Schnack hat der Herr Schönhuber fast wörtlich zum Besten gegeben, aber er wird wohl von Wulfekuhl für die Übernahme des Zitats keine Lizenzgebühren verlangen.
Jetzt hamse in Gröpelingen garnich gewusst, daß sie für die DVU zum Beirat kandidiert haben, weil: Wenn beim Schnitzelbraten plötzlich jemand anruft und fragt, ob man nicht ebenma ein Wohnheim mit anzündet, wird man ja reineweg tüddelich und sagt schon mal ja und Amen, obwohl — man meint es gar nicht so...
PS: Wer den Stein nicht im Herzen, aber auf der Seele hat, sei bittschön morgen bei der großen Demo gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit dabei. Artur und Anna kommen doch auch!
Ulrich Reineking-Drügemöller
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