: Morgen kommt die „taz der Welt“
■ Letzte Vorstellungsrunde der intertazionalen Crew vom 9. November
Berlin (taz) — Seit acht Uhr stehen sie heute am Ticker, sortieren die Papierschlangen von dpa, afp und ap, grübeln über mögliche Aufmacher und Kommentarthemen und blicken je nach Stimmungslage verzweifelt oder verächtlich auf die Korrekturschlußzeiten. Heute wird die „taz der Welt“ für den 9. November produziert — in intertazionaler Besetzung und (fast) ohne Deutsche.
Rund vierzig ExilantInnen, ImmigrantInnen und ausländische KollegInnen schreiben, kommentieren, gestalten und setzen die Schwerpunkte, darunter die finnische Künstlerin und Karikaturistin Kirsi Mikkola, die heute aktuelle Ereignisse per Zeichnung kommentieren will. Der Schweizer Journalist Frank Matter, die französische Kollegin Sylvie Lemasson, der libanesische Autor Jaques Naoum und Mohamed Tilmatine, gebürtiger Algerier, der als Übersetzer in Berlin lebt.
Von der italienischen Zeitung 'Il Manifesto‘ wechselt für einen Tag Guido Ambrosino zur „taz der Welt“. Als Chef vom Dienst amtiert Shicha Liu, Mitglied der oppositionellen „Vereinigung chinesischer Studenten und Wissenschaftler“ in Berlin. Mit der Produktionstechnik hat er sich in den letzten Tagen schon vertraut gemacht. Nach einem Tag Zeitungsstreß kehrt er wieder in seinen Beruf als Lehrbeauftragter für Elektrotechnik zurück.
Eines steht bereits vor Redaktionsschluß fest: Es wird die erste und bislang einzige taz-Ausgabe, die eine Fotoausstellung zu bieten hat. Unter dem Arbeitstitel „Deutschland mit anderen Augen gesehen“ hat die schwedisch-türkische Fotoredaktion, bestehend aus Ann-Christin Jansson und Metin Yilmaz, ausländische Fotografen um ihre Sicht deutscher Verhältnisse gebeten. Herausgekommen ist ein Spiegelbild, das für das vereinte Deutschland wenig schmeichelhaft ausfällt.
Das Ergebnis ist morgen auf allen Seiten zu finden. Die wiederum gibt es am Kiosk, im Briefkasten — oder im Handverkauf auf einer der vielen Demonstrationen gegen Rassismus, die an diesem Tag stattfinden. anb
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