: DIE FÜNFTE GEWALT — WEG DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL Von Ben Vart
Die Regale guter Kioske und Zeitschriftenläden sind voller den je — zur Sichtung der meist unterirdisch schlechten Print-Produkte greifen wir voll hinein in die Jauche.
Da gibt es zum einen den modischen Typ. Sein Gestank ist durch Parfüm überdeckt, der unzivilisierte Dumpfsinn mittels durchgehendem Vierfarbdruck auf hochweißem, glänzendem Papier kaschiert. Dieser Zeitschriften-Typus ist durch und durch käuflich — von und für Anzeigenkunden, kaum für Leser. Die Käuflichkeit der deutschstammeligen Forbes (hier natürlich ohne das hochnotpeinliche Ausrufezeichen vor dem Namen) macht bei der aktuellen November-Ausgabe nicht einmal mehr vor dem Gesicht einer Zeitschrift, dem Titelblatt halt. Um die Werbung für einen Computer-Hersteller unterzubringen, wurde das Titelblatt aufklappbar gestaltet. Inhalt? Die Titelthemen versprechen nicht viel: Die 100 Reichsten der Welt / Die Mädchen der Mächtigen / Von Null auf 580 Millionen mit 28! Und drinnen wird die Geschichte über Schwarzmärkte in der UdSSR mit der zynischen Zeile „Willkommen im Freihandel“ aufgemacht. „Für Verdienste um die freie Marktwirtschaft“ verleiht die 'Forbes‘-Redaktion den Machern des Kinderblattes 'Prinz‘ den „Merkur“ des Monats — wahrscheinlich für die Belebung des Lolita-Marktes. Wertung: Wegen des holzfreien Papiers (splitterfrei) gut zum Arschabwischen geeignet.
Aus dem gleichen Verlag (Burda) kommt der Versuch, aus einer langweiligen Heile-Welt-Schrift eine gedruckte Talkshow zu machen. Die Blässe der Gedanken korrespondiert mit dem leichten Gilb-Stich des Papiers, auf dem Bunte ihren wöchentlichen Kleinbürger-Stoff druckt. „Wer immer glaubte, Kohl sei in erster Linie Kanzler, irrte. Er ist zuerst Vater. Deshalb ist er ein starker Kanzler.“ Ansonsten Prominentenklatsch der unseriösen Sorte — die besten Infos werden dementiert (diesmal: Gegendarstellung von Götz George), gerichtlich belangt oder von der Redaktion widerufen. Wertung: Zum Fisch-Einwickeln zu kleinformatig.
Klassische Yellow-Press bietet neben anderen die Neue Post, dritter Typus in unserer kleinen Horror-Galerie des gedruckten Schwachsinns. Neben dem angeblich exklusiven „Roy Black — Tagebuch seines Lebens“ und der Ferndiagnose von „Krebsarzt Professor Hackethal: Karl Heinz Köpcke hätte noch nicht sterben müssen“, gibt es natürlich noch einen großen Hintergrundbericht zur Tragödie der Woche: „Das Schicksal zeigt sich unerbittlich — Hannelore Kohl: Das ganze Unglück mit ihrem Sorgenkind“. Sorgenkind? Kein Wunder, bei dem Vater und dessen offensichtlich etwas verrutschter DNS-Struktur. Doch wir wollen nichts von dem „Großen Sonderteil — Seite 4 bis 7“ verpassen: „Die sonst so starke und stets gefaßte Kanzlergattin bietet ein Bild der Verzweiflung“ — bietet sie eigentlich immer —, „ihre Augen sind rot gerändert von den vielen Tränen“ — kam ihr Gatte etwa von einem Schäferstündchen mit seiner Sekretärin Juliane Weber? Als Hannelore schon zu dem durch einen Autounfall verletzten Sohn Peter ins Hospital eilt, erfüllt Helmut „tapfer ... zunächst noch seine politische Pflicht, doch dann reiste er sofort seiner Ehefrau hinterher.“ Wertung: Gutes Wurmfutter auf dem Komposthaufen.
Steinbach ergänzt: 'Bild am Sonntag‘ kennt das Grauen: „Erst 13 — und schon Vergewaltiger“. Bei der Fortsetzung der Karriere ist er spätestens mit 15 Bild-Leser.
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