: Suchtnachwuchsförderung: Kindgerechte Zigaretten
Dublin (taz) — Weil täglich 300 RaucherInnen an den Folgen ihres Lasters sterben, hält die Tabakindustrie schon unter Kindern nach neuen Kunden Ausschau. Aus den Akten der British American Tobacco Industries (BAT) in Kanada geht hervor, daß der Konzern bereits 12jährige zum Rauchen animieren will.
Für „Player's Light“ haben die kanadischen Marktstrategen als Zielgruppe „englischsprachige Männer zwischen 12 und 24 Jahren“ ausgemacht. Für Zigaretten der Marke „Du Maurier“ kommen „englischsprachige Männer und Frauen von 12 bis 34 Jahren“ in Frage. Darüber hinaus hat BAT 33 Studien in Auftrag gegeben, um herauszufinden, warum Jugendliche zum Glimmstengel greifen.
BAT hat bereits 1988 festgestellt, daß diejenigen Firmen den Markt dominieren, die sich „am effektivsten auf die Bedürfnisse jüngerer Raucher einstellen“. Die für den Konzern recht peinliche „vertrauliche Marktanalyse“ befand sich in einem Stapel von über tausend Akten, die einem kanadischen Gericht vorliegen. Dort hatte BAT Klage gegen das Verbot der Tabakwerbung eingereicht, das in Kanada seit 1988 besteht. Im Juli gab der Richter — selbst ein Kettenraucher — dem Konzern recht, doch die Bezirksverwaltungen haben inzwischen Berufung eingelegt.
Das BAT-Stammhaus in London bestritt am Wochenende jegliche Versuche, Jugendliche unter 18 Jahren zum Rauchen zu verführen. Die Studien an Kindern hätten lediglich dazu gedient, „Erkenntnisse für höhere Altersgruppen zu gewinnen“.
Die Enthüllung der BAT-Werbestrategie kam zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Gestern begannen nämlich in Brüssel die Diskussionen um ein EG-weites Verbot der Tabakwerbung. Letztendlich wird sich dabei wohl die Tabak-Lobby durchsetzen, nachdem neben Deutschland und den Niederlanden nun auch Großbritannien die Ablehnung eines generellen Verbots signalisiert hat. Dabei hat die britische Regierung natürlich nur das Beste für die Gesundheit der Bevölkerung im Sinn: Man behauptet allen Ernstes, daß die Werberichtlinien, denen sich die Tabakindustrie freiwillig unterworfen habe, effektiver als ein gesetzliches Verbot seien.
Dabei ignoriert die Londoner Regierung geflissentlich eine Studie der Universität Glasgow, die in der vergangenen Woche veröffentlicht wurde. Die Wissenschaftler haben festgestellt, daß 83 Prozent der 11- bis 14jährigen mindestens eine Zigarettenreklame kennen. Je genauer die Jugendlichen die Reklame kennen, desto eher greifen sie zur Zigarette, hieß es in dem Bericht. Ralf Sotscheck
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