: Quoten statt Asyldebatte
Bündnis 90/Grüne wollen ein Gesetz einbringen, das die Einwanderung mit Quoten regelt und die Einbürgerung hier lebender Ausländer erleichert ■ Von Ferdos Forudastan
Bonn (taz) — Eine Mehrheit der Bundestagsgruppe Bündnis 90/ Grüne will ein Gesetz in den Bundestag einbringen, das die Einwanderung nach Deutschland unter anderem mit Hilfe von jährlichen Quoten regeln soll. Daneben verlangt der Entwurf, die Niederlassung und Einbürgerung von hier lebende AusländerInnen wesentlich zu erleichtern. Konrad Weiß, Einwanderungs- und asylpolitischer Sprecher der Gruppe, begründete gestern vor JournalistInnen in Bonn den Entwurf vor allem damit, daß es „höchste Zeit“ sei, „von der destruktiven Asyldebatte zur konstruktiven Einwanderungsdebatte zu kommen“. Der Asylartikel 16 des Grundgesetzes müsse unangetastet bleiben, die Rechte von Flüchtlingen ausgeweitet werden.
Nach dem gestern von Weiß vorgestellten Entwurf des „Gesetzes zur Regelung der Rechte von Niederlassungsberechtigten und von Einwanderern und Einwanderinnen“ kann eine jährlich neu festzulegende Anzahl von Menschen in die Bundesrepublik einwandern. Die Auswahl soll sich an verschiedenen Kriterien orientieren.
So sind hier lebende nahe Verwandte, ein Ausbildungs- oder Arbeitsplatz oder eine private oder staatliche Einladung „Einwanderungsgründe“. Wie viele Menschen hierher einwandern dürfen, sollen die Bundesparlamente in Zusammenarbeit mit Vertretern gesellschaftlicher Organisationen neu festlegen. Wie hoch diese Quoten ungefähr sein könnten, sagte Konrad Weiß nicht. Seine Begründung: Es liege noch nicht genügend „empirisches Material“ vor, aus dem etwa hervorginge, wie viele Menschen überhaupt hierher einwandern wollten. Er bekundete auch, daß die Zahl der schon heute nach Deutschland kommenden Nichtdeutschen noch gering sei, daß „die Möglichkeiten (der Aufnahme, ff) noch längst nicht ausgeschöpft sind“.
Das Gesetzespaket legt daneben fest, EinwanderInnen nach fünfjährigem rechtmäßigem Aufenthalt ein Niederlassungsrecht zu gewähren. Dies bedeutet unter anderem das Recht auf politische Betätigung. Ebenfalls nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthaltes sollen sich AusländerInnen einbürgern lassen können — ohne, wie dies heute vonnöten ist, ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen.
Einige Grüne kritisierten den gestern vorgestellten Entwurf. So sprach sich Christina Schenk, ebenfalls Abgeordnete des Bündnis 90/ Grüne, scharf gegen die unter anderem geforderten Quoten aus. Sie sei nur mit einem Gesetz einverstanden, das die Einwanderung grundsätzlich regele. Claudia Roth, Europa-Abgeordnete der Grünen, kritisierte, mit diesem Entwurf werde „ein falsches Signal“ gesetzt. Wer die Asyldebatte etablierter Parteien kritisiere, dürfe nicht gleichzeitig Überlegungen über Zuzugsbeschränkungen anstellen.
Für die nächste Zeit kündigte Konrad Weiß gestern in Bonn auch den Entwurf für ein Flüchtlingsgesetz an. Dieses soll für Flüchtlinge nach dem Asylartikel 16, nach der Genfer Flüchtlingskonvention und für die sogenannten Kontingentflüchtlinge gelten. Es soll den Begriff des politischen Flüchtlings erweitern und die Möglichkeiten von Flüchtlingen, einzureisen, erweitern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen