: Bepreist, beschissen!
■ Preisträger des Deutschen Kurzfilmpreises im »Filmkunst 66«
Kurzfilme sind ein gar stiefmütterlich behandeltes Kind des internationalen Filmschaffens. Als könne das Zwerglein prinzipiell etwas dafür, daß es so klein ist, mag es niemand so recht fördern oder gar vorzeigen. Weil aber auch in Filmkreisen kein Meister vom Himmel fällt, sondern der beschwerliche Weg zu Glamour-Ruhm und Oscar- Würden zumeist über diese kleinen überladenen Drei-Minuten-Streifen führt, werden in Deutschland jene so selten gezeigten Kurzfilmproduktionen wenigstens staatlich gefördert und gehätschelt, also: belobt und bepreist.
Immerhin an zwei Tagen zeigt nun das Charlottenburger Kino »Filmkunst 66« im Spätprogramm die sechs diesjährigen Preisträger des Deutschen Kurzfilmpreises. Das ist sehr löblich, aber deshalb nicht unbedingt sehenswert. Denn die prämierten Shortfilms entsprechen ziemlich genau dem landläufigen Vorurteil von thematisch aufgeblähten, ästhetisch hochgekochten Erstlingswerken, die zwar mit viel technischem Aufwand und Know-how ins Bild gesetzt werden, aber einfach rein gar nichts zu sagen haben.
So zum Beispiel Traumzone von David Scharfenberg. Eine nebulöse Autofahrt, ein depperter Sohn. Ein Schuß, eine Nutte und wieder Nebel.
Auch Unter Freunden von Anno Saul, wie Scharfenberg Absolvent der Filmhochschule München, ist ungeheuer tiefsinnig. Er erzählt die Geschichte von arm' Andi, der in den Hafen der Ehe einlaufen soll. Wie das unter Kumpels so üblich ist, säuft der Bräutigam sich am Vorabend der Stunde Null »unter Freunden« noch einmal so richtig die Hucke voll. Kotzt natürlich eifrig auf den gestylten Badvorleger seines Gastgebers — und heiratet dann doch noch. Was haben wir gelacht!
Eine Spur komischer ist da schon der Animationsfilm Die Beichte von Jochen Kuhn und die dritte Erfolgsproduktion aus München Der schönste Busen der Welt.
Aber der einzig wirklich sehenswerte Filmpreisträger ist Michael Gutmanns Von Zeit zu Zeit. Ein melancholischer Film über eine gewisse Simone Reinhardt aus Hamburg und einen Kölner Unglücksraben namens Helmut Kohl.
Alles in allem ist das nicht viel, wenn man bedenkt, daß das nun die besten Kurzfilmer der Republik sein sollen. Weil's auch den »Filmkünstlern 66« gar zu mager war, haben sie — nach eigenem Gutdünken — noch zwei persönliche Preisträger hinzugefügt. Der Mann an der Seitenlinie von Joachim Kreck wird sicher vor allem Fußballfreunde glücklich machen, denn der Film zeigt ausschließlich den ausdauernd rennenden Linienrichter eines Bundesliga-Fußballspiels.
Die zweite Produktion thematisiert eine andere, recht weit verbreitete Freizeitattraktion: Porno. Auf ausgesprochen ekelhafte Art und Weise erzählt der Zeichentrickfilm Grabowski — Haus des Lebens aus dem Leben des polnischen Totengräbers Grabowski, der »als Dienstleistung für ein schnelles Begräbnis deutsche Witwen fickt« (so weit der Programmzettel!). Mariola Brillowska wurde für dieses witwen- und frauenfeindliche Pornomeisterwerk mit dem Hauptpreis der Oberhausener Kurzfilmtage 1991 ausgezeichnet. »Ein innovativer und frecher Animationsfilm im hyperrealen Comic-Stil« urteilte die Jury fachkundig. Soviel zum Thema Deutsche Kurzfilmpreise. Na, dann! Herzlichen Glückwunsch. Klaudia Brunst
Die besten deutschen Kurzfilme 1991 — Kurzfilmprogramm mit den preisgekrönten Filmen des Jahres, heute und am 17. 11. um 23.15 Uhr im Filmkunst 66, Bleibtreustraße 12
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