: Bock hat Bock geschossen
■ Christdemokratischer Sportstaatssekretär, Günter Bock, wird der Lüge bezichtigt/ Rechnungshof rügt Scheinarbeitsverhältnisse für Spitzensportler
Berlin. Die Grünen/ Bündnis 90 wollen in der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses den Rücktritt des Staatssekretärs in der Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport, Günter Bock (CDU) fordern. Bock hat, nach ihrer Ansicht, das Parlament bewußt belogen, um rechtswidrige Planungen des Senats durchzusetzen.
Er hatte letzte Woche im »Unterausschuß Stellenplan« erklärt, daß die Praxis des Senats, Spitzensportler in Scheinarbeitsverhältnissen zu beschäftigen und dadurch zu fördern, beim Landesrechnungshof keine Bedenken hervorgerufen habe. Der Ausschuß hatte daraufhin die Zahl der bestehenden Arbeitsverhältnisse verdoppelt. Für insgesamt 1,3 Millionen Mark sollten 1992 40 Spitzensportler pro forma beim Olympiastadion als Halbtagskräfte beschäftigt werden.
Bock hatte den Parlamentariern offenbahr die Unwahrheit gesagt, denn zwei Wochen zuvor war vor dem Sportausschuß diese Förderpraxis vom Rechnungshof als »haushaltsrechtlich nicht zulässig« eingestuft worden. Der Staatssekretär war bei dieser Sitzung zugegen.
In der gestrigen Sitzung des Hauptausschusses wollte Bock gegenüber den Grünen/ Bündnis 90 nicht ausschließen, daß »aus Gründen unterschiedlicher Orientierung oder Wahrnehmung und unterschiedlicher Informationsmenge wir aneinander vorbeigeredet haben«. Doch mußte er sich von der FDP-Abgeordneten Erika Schmidt-Petri vorhalten lassen, daß auch sie sich durch seine Äußerungen getäuscht fühle. Mehr Verständnis fand Bock bei den Regierungsparteien. Der SPD-Abgeordnete Horst-Achim Kern bescheinigte ihm zwar Schlitzohrigkeit, doch war ihm eher das Problem, »was wir sachlich daraus machen«.
Diese Beschäftigungsverhältnisse, so stellte Bock gestern fest, gebe es bereits seit 1973, zu keinem Zeitpunkt habe der Rechnungshof den Vorgang in seinen Jahresberichten moniert. Dieser habe lediglich zum Überdenken angeregt.
Bock mußte sich jedoch vom Präsidenten des Rechnungshofes, Ulrich Müller, vorhalten lassen, daß dieser das Verfahren seit Mitte der achtziger Jahre mehrfach beanstandet habe, da es sich eindeutig um unzulässige Scheinarbeitsverhältnisse handele. Bis ein anderer Weg gefunden ist, so stellte Sportsenator Jürgen Klemann gestern klar, will er jedoch an der bestehenden Praxis festhalten. dr
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