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Streit um Lenin nimmt kein Ende

■ In der Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses wurde erneut heftig um den Abriß gestritten/ Diepgen hält Abriß für Zeichen der Glaubwürdigkeit der Senatspolitik/ Opposition wirft Senat Versagen vor

Berlin. Der Streit um Lenin nimmt immer noch kein Ende: In der gestrigen Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses kam es erneut zu einer heftigen Kontoverse um den Abriß des Denkmals.

Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) bewertete den Ende vergangener Woche begonnenen Abriß der 19 Meter hohen Statue und die Umbenennung von Straßennamen, die an das ehemalige DDR-Unrechtsregime erinnern, als Zeichen der Glaubwürdigkeit der Senatspolitik. Wie könne man die Vergangenheit aufarbeiten, »wenn wir Lenin-Denkmäler als Vorbilder unserer Geschichte weiter dulden«, sagte Diepgen gestern in der von der PDS-Fraktion beantragten aktuellen Stunde zum Thema »Die Schlacht gegen das Lenin-Denkmal — Welche Prioritäten setzt der Senat?«. Zur Glaubwürdigkeit der Politik seiner Regierung gehöre es, sich »in angemessener Frist und Form ohne Bilderstürmerei« schnell mit Straßennamen, Denkmälern und Symbolen aus der Zeit des SED-Regimes auseinanderzusetzen«.

Die Oppositionsfraktionen Bündnis 90/Grüne und PDS hielten dem CDU/SPD-Senat in der teilweise kontroversen Debatte dagegen ein »Hauruckverfahren« vor und forderten einen bewußten Umgang mit sozialistischen Denkmälern. CDU und FDP befürworteten die Verlagerung des Lenin-Denkmals an den Stadtrand.

Der PDS-Abgeordnete Peter Zotl warf dem Senat Versagen auf allen wichtigen Gebieten der Politik vor. Das Konzept der Regierung, »die Stadt zu vereinigen, indem man West-Berlin einfach nach Osten ausdehnt, ist gescheitert«. Das Geld für den Abriß des Lenin-Denkmals im Bezirk Friedrichshain hätte besser »zur Lösung von tatsächlichen Problemen«, wie der Arbeitslosigkeit, eingesetzt werden sollen. Der Abgeordnete vom Bündnis 90/Grüne, Albert Eckert, kritisierte, der Senat habe kein Konzept dafür, was auf den Abriß folgen solle.

Für die SPD-Fraktion sagte Joachim Niklas, nach Ablauf von rund zwei Jahren sei auch in bezug auf das Lenin-Denkmal der Sachverhalt so, »daß politische Mehrheiten eine Entscheidung treffen können«. Der Beschluß der Friedrichshainer Bezirksverordnetenversammlung müsse jetzt respektiert werden. Der CDU- Abgeordente Uwe Lehmann-Brauns bezeichnete die geplante Versetzung des Denkmals als »Bewältigung eines Stücks Gegenwart, das uns immer noch bedrückt«.

Er forderte den Senat auf, für dieses wie auch weitere sozialistische Denkmäler am Stadtrand ein Grundstück und eine Halle zur Verfügung zu stellen. Werner Wiemann plädierte dafür, die gesammelten Denkmäler gegen Eintrittsgeld öffentlich zugänglich zu machen. Sie dürften auch als Mahnung an die nächste Generation nicht vernichtet werden. dpa/taz

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