Lachundschieß auf dem Lande

■ „Das Wüste lebt“: 3. Programm der Bremer Kabarettgruppe „Labskaus“ im GaDeWe

Die Ziele sind hoch, die Themen weit und breit. Da heißt es Anlauf nehmen. Zwar rennt die Bremer Laien-Kabarett-Gruppe „Labskaus“ bei ihrem Fanpublikum sowieso offene Türen ein, sei der Kalauer auch noch so klein. Aber der unbekannte Besucher fühlt sich doch etwas umzingelt vom Witz, vor allem wegen dessen Tieftrief und der zwar biologisch- dynamisch, aber doch sauer eingelegten Moralgurke. Ist da gut lachen?

Höchstens streckenweise. Zudem müffelt's auch stark nach der Lach- und Schieß-Gesellschaft, wo der Mensch als Kabarettist noch gut und wahr ist und alle Schlechten mittels krachender Aufklärung eins auf die Mütze kriegen. Und wirklich tauchen bei Labskausens — im übrigen drei Männer und zwei Frauen — auch Kasperle und Gretel auf und braten dem armen Krokodil lehrreich eins über, bloß weil es für Ausländer stehen soll und ersatzweise verdeutlichen. Und das Wachtmeisterlein hauen sie gleich mit, weil's eben auch andersfarbig, also in dem Fall auch so grün ist. Tritratrullala, sind wir alle da? Nein, möchte man brüllen, aber schon ruft der Rest: ja, und das klingt verdammt, als wenn der Verkehrskasper immer noch seine Fäden spielen lassen könnte.

Ach allesalles zieht vorbei, was als Mißstand Rang und Namen hat: die Ex-DDR, die Demokratie, die Demoskopie, die Ausländerfeindlichkeit, die Game- Show, die Wohnungsnot, der Regenwald, Herr Blüm, der Golf, der Balkan, der Sandmann, der neue Mann, die mediale Frau, der Heimwerker, die Hauptstadt und die Plastiktanne. Das assoziiert sich doch schon fast von alleine. Aber zusätzlich scheint man nach dem Muster verfahren zu sein: Nehmen wir ein Schlagwort, das sticht, und machen wir ein Brainstorming. Herauskommt immer was, am besten ein Wortspielsturm. Und gestrichen wird nicht! Was kann einem aber auch zum Thema Golf nicht alles einfallen: von mehr Sand für alle über Eieruhr und eieiei bis der Kanzler kam, sah und siebte, oder bis das deutsche Kamel geht nur als GTI durch's Nadelöhr, oder bis die Verwüstung durch Badekultur nach Rommel, oder bis wir werden das Ding schon schaufeln, oder bis die Wüste ist unter uns, oder bis was ist unter dem Pflaster? Genau. Machen Sie alleine mit Strand weiter.

Da wird der Name Programm: man kennt zwar die Zutaten, aber schmeckt nur noch Püree. Schade eigentlich. Denn wenn die fünf sich reduzieren und alle Vorsicht fahren lassen, haben sie das Zeug zu hübschen Gemeinheiten: etwa beim „Hallo Neger“-Schlagertralala im Seppl-Outfit, oder in der Domina-Nummer mit den Spitzsieben als Brustersatz, wo Männlein und Weiblein redlich verarscht werden und trotzdem der Witz spritzt. Teilweise auch in den Game-Show-Nummern mit Anrufer-Nonsense, obwohl die Jochen-Busse-Kopie Rainer Ballnus beinahe ans Plagiat grenzt.

Auch Bremen als Zu- und Notstand kriegt noch ein bißlein Fett ab: „Nach 40 Jahren SPD noch keiner in der Wanne“ oder „Rehagel als Bürgermeister“ oder „Willi Vanilli“, womit Werders Lemke gemeint ist. Nach drei Stunden fällt der kleine Saal der Waller GaDeWe in Beifallstaumel und macht Anderslachenden Beine. Was für Feuerwerkchen in Bremen doch für Glanz sorgen können! Claudia Kohlhase