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Demonstration der Opposition in Kenia zerschlagen

Ein Toter, viele Verletzte und Verhaftungen/ Nach Protesten westlicher Länder werden diese der „Einmischung“ geziehen  ■ Aus Nairobi Bettina Gaus

Es begann als Katz- und Mausspiel: Das staatliche Fernsehen Kenias meldete Festnahmen von prominenten Oppositionellen, die gar nicht stattgefunden haben. Einige der Genannten dürften die Nachricht mit Verblüffung aufgenommen haben — sie hielten sich an einem sicheren Ort versteckt.

Zweck der Falschmeldung: Für Samstag hatte die Oppositionsgruppe „Ford“ (Forum zur Wiederherstellung der Demokratie), die für die Einführung eines Mehrparteiensystems und andere demokratische Reformen in Kenia eintritt, in der Hauptstadt Nairobi zu einer öffentlichen Kundgebung aufgerufen. Obwohl die Verfassung des Landes das Recht auf Versammlungsfreiheit zubilligt, hatten die Behörden die Genehmigung dafür verweigert, und die Regierung drohte jedem, der an dem „illegalen Treffen“ teilnehme, scharfe Konsequenzen an. Aber die führenden Politiker scheinen selbst so ihre Zweifel gehabt zu haben, ob markige Worte allein DemonstrantInnen vom Kundgebungsort fernhalten würden. So wurde denn tief in die Trickkiste gegriffen: Mit der scheinbaren Verhaftung der führenden Köpfe des geplanten Treffens hoffte man offenbar, die Kundgebung gänzlich verhindern zu können.

24 Stunden später waren die Nachrichten von der Realität eingeholt worden: Jeder bekannte Regimekritiker, der versuchte, zum hermetisch abgeriegelten Versammlungsort zu gelangen, wurde festgenommen. Jetzt sitzen fast alle prominenten Oppositionellen Kenias im Gefängnis. Die Ausnahme: Der in der Nacht zum Freitag verhaftete ehemalige Vizepräsident Odinga Oginga. Der 80jährige Mann wurde auf Kaution freigelassen, wird aber durch die Auflage, sich an seinem Hunderte von Kilometern entfernten Heimatort regelmäßig bei der Polizei zu melden, an der Reise nach Nairobi gehindert.

Nur einigen 100 DemonstrantInnen war es gelungen, sich am Samstag zum Versammlungsort durchzuschlagen. Tausende jedoch versammelten sich in den Straßen der Umgebung — friedlich und unbewaffnet. Gegen sie gingen schwer bewaffnete Polizisten und paramilitärische Einheiten mit Schüssen und Tränengas vor. Ein Mann wurde getötet, zahlreiche weitere krankenhausreif geschlagen. Etwa 30 JournalistInnen wurden festgenommen, verprügelt oder ihr Material konfisziert, als sie versuchten, sich über die Ereignisse zu informieren. Die Bilanz des Wochenendes in Nairobi läßt keinen Zweifel offen: Die Regierung ist bereit, das gesamte Potential staatlicher Gewalt aufzubieten, um Protest gegen ihre Politik im Keim zu ersticken.

Viele BürgerInnen des Landes haben davor Angst: Tausende waren übers Wochenende in ihre Heimatdörfer auf dem Land gefahren oder hatten wenigstens ihre Familien dorthin geschickt. Betriebe gaben ihren MitarbeiterInnen am Samstag frei. Zahlreiche Geschäfte blieben geschlossen. Die Straßen der Innenstadt waren menschenleer. „Hier geht's zu wie an einem Feiertag“, sagte einer der wenigen Passagiere eines Sammeltaxis, „selbst an Weihnachten ist Nairobi nicht so verlassen.“ Die jüngsten Ereignisse haben zu einer dramatischen Verschlechterung der Beziehungen zwischen Kenias Regierung und einigen westlichen Ländern geführt: Bereits am Freitag hatten verschiedene Botschaften, darunter die der USA, der Bundesrepublik Deutschland und der ehemaligen Kolonialmacht Großbritannien, dem kenianischen Außenministerium scharfe Protestnoten überreicht, in denen sie die sofortige Freilassung der verhafteten Regimekritiker forderten. Für die Regierung in Nairobi dürfte diese öffentliche Mißbilligung ihrer Aktion eine unangenehme Überraschung gewesen sein, wurde doch bislang seitens der Bundesrepublik und Großbritanniens Kritik überwiegend hinter verschlossenen Türen — wenn überhaupt — geübt.

Am Wochenende hat sich dann die Situation zugespitzt: Nachdem amerikanische und deutsche Diplomaten vergeblich versucht hatten, zum Kundgebungsort zu gelangen, um dort die Geschehnisse zu verfolgen, beschuldigte Präsident Daniel Arap Moi „ausländische Kräfte“ der Einmischung in die inneren Angelegenheiten Kenias und warf fremden Staaten vor, hinter dem geplanten Treffen am Samstag als Anstifter zu stecken. Beobachter schließen nicht aus, daß der diplomatische Konflikt Einfluß auf den Umfang der Entwicklungshilfe für den afrikanischen Staat haben könnte.

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