Südwest-Grüne wollen an die Fleischtöpfe der Macht

Ravensburg (dpa) — Die baden- württembergischen Grünen sind grundsätzlich zu einer Regierungsbeteiligung nach der Landtagswahl am 5.April 1992 bereit. Ein Landesparteitag der Alternativen verabschiedete gestern in Baindt bei Ravensburg mit überraschend deutlicher Mehrheit eine Wahlaussage, wonach für die Grünen sowohl eine rot-grüne als auch eine Ampel-Koalition (SPD, FDP, Grüne) möglich ist. Eine grüne Regierungsbeteiligung „um jeden Preis“ soll es nicht geben, sondern an die Verwirklichung eines klaren Reformprogramms gebunden sein. Die FDP erteilte in einer ersten Reaktion „Koalitionsspekulationen“ der Südwest- Grünen eine Absage.

Nach heftigen Auseinandersetzungen über die Ampel-Koalition, die vom linken Parteiflügel entschieden abgelehnt worden war, hatten die rund 200 Delegierten bei nur wenigen Gegenstimmen den Antrag des Landtagsabgeordneten Reinhard Bütikofer angenommen. Sprecher des linken Flügels warfen den Befürwortern eines Offenhaltens der Koalitionsfrage vor, grüne Grundprinzipien zu verraten. Die Tübinger Landtagskandidatin Monika Schnaitmann sprach von „Wegwerf- Grünen“, die möglicherweise sogar bereit wären, selbst mit der CDU zu koalieren und den „Weichspüler“ zu machen. Der realpolitische Flügel der Südwest-Grünen setzte sich auch beim Wahlprogramm in bislang heiß umstrittenen Fragen durch. So signalisieren die Grünen in ihrem mit großer Mehrheit verabschiedeten Wahlprogramm ihre Bereitschaft, eine Fristenregelung bei der Neufassung des Abtreibungsparagraphen 218 zu unterstützen. Eine Fristenregelung sei „ein Schritt in die richtige Richtung“. Zugleich wird die grundsätzliche Forderung nach ersatzloser Streichung des Paragraphen 218 beibehalten.