: Vereinigung ohne das Volk
■ Berliner Senat für eine zügige Vereinigung Berlins mit Brandenburg
Berlin. Bei der angestrebten Vereinigung mit dem Land Brandenburg drückt Berlin aufs Tempo. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) erklärte gestern, daß die Grundsatzentscheidung über das Zusammengehen der beiden Länder bereits im kommenden Jahr fallen solle.
Diese Entscheidung müsse zugleich ein »striktes Abstimmungs- und Kooperationsgebot« für beide Länder bedeuten, um politische und ökonomische Auseinanderentwicklungen zu verhindern. Der Regierende Diepgen sieht bereits jetzt die Gefahr eines Gegeneinanders von Berlin und Brandenburg. Um das Zusammengehen zu ermöglichen, soll demnächst eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes im Bundesrat beantragt werden.
Diepgen wollte sich noch nicht darauf festlegen, ob über die Vereinigung in einer Volksabstimmung entschieden wird. Dafür hatten sich die Sozialdemokraten auf ihrem Landesparteitag am vergangenen Samstag ausgesprochen. Demgegenüber hält es Diepgen für denkbar, daß 1992 nur eine Volksbefragung erfolgt und erst nach der Konkretisierung einer gemeinsamen Verfassung eine Volksabstimmung. Als Hauptstadt des neuen Bundeslandes kann er sich Potsdam vorstellen.
Berlins Bürgermeister forderte, daß aus der Vereinigung keine finanziellen Nachteile für Berlin entstehen dürften. Dies müsse bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs 1995 berücksichtigt werden. Darin müßte auch der Ausgleich für die Berliner Lasten als Hauptstadt und Regierungs- und Parlamentssitz enthalten sein.
Bis Ende 1993 will Eberhard Diepgen im wesentlichen die Reform der Berliner Bezirks- und Verwaltungsstruktur so abgeschlossen haben, daß diese »paßfähig« ist für eine Kommune Berlin in einem neuen gemeinsamen Land. Diepgen wandte sich gegen die Brandenburger Vorstellungen, einzelne Bezirke als dann eigenständige Gemeinden aus Berlin herauszulösen.
Das bewährte Modell der dezentralisierten Einheitsgemeinde müsse beibehalten werden. Allerdings solle die Zahl der Bezirke überprüft und deren Verwaltung gestrafft werden. Dafür sollen sie deutlich mehr Aufgaben, vor allem im Finanzbereich, eigenverantwortlich erfüllen als bislang.
Alle Maßnahmen für den Regierungs- und Parlamentssitz sowie die Olympiabewerbung im Jahr 2000 sollen hingegen zentral gesteuert werden. Erste Entscheidungen über den zukünftigen Aufbau der bezirklichen Verwaltungen sollen nach den Bezirksverordnetenwahlen im Mai nächsten Jahres erfolgen.
Noch Ende November dieses Jahres werden die Staatssekretäre beider Länder über den Zusammenschluß beraten, im Dezember soll dann der gemeinsame Regionalausschuß tagen. Man müsse drängen, erklärte der Christdemokrat, doch dürfe nicht der Eindruck entstehen, daß Berlin umklammern wolle . Dr
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