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Mandatsverzichte bei Bremens DVU

Vier Anschläge auf den Besitz von VertreterInnen der Deutschen Volksunion/ Fünf Mandate verloren  ■ Aus Bremen Hannes Koch

Am Morgen des 11. Novembers bemerkte Hans-Herbert Beyer, ein Bremer Mitglied der ausländerfeindlichen Deutschen Volksunion, daß vier Fenster seines Autos zertrümmert und drei Reifen zerstochen waren. Unbekannte hatten in der Nacht sein Auto demoliert. Beyer entschied sich daraufhin, seinen Sitz im Beirat des Stadtteils Walle nicht anzutreten. Insgesamt hat die Polizei in den Wochen seit der Bremer Bürgerschaftswahl vier Anschläge auf DVU- VertreterInnen registriert: Drei Autos gingen zu Bruch, einmal flog ein Brandsatz in einen Garten. Als Folge der Anschläge und aufgrund interner Querelen hat die DVU bisher eines von sechs Bürgerschaftsmandaten und vier von elf Sitzen in den Stadtteil-Parlamenten verloren.

Auch Beyers DVU-Nachrücker Johann Filoda hatte nach dem Anschlag kein Interesse mehr an dem Beiratssitz. „Ich muß das verurteilen, wenn da so etwas gemacht wird. Wir haben eine Demokratie, und jeder sollte doch seine Meinung sagen können“, sagte er gegenüber der taz. Das Risiko der Arbeit für die DVU sei ihm zu groß.

In einem anderen Bremer Stadtteil verzichtete der gewählte DVU- Vertreter auf seinen Sitz, nachdem ein Brandsatz in seinen Garten geflogen war. Eine Tanne brannte ab, im Haus gingen einige Scheiben zu Bruch. Konsequenter ist eine 70jährige DVU-Abgeordnete in der Vorstadt Vahr. Obwohl auch ihr Wagen demoliert wurde, will sie ihren Beiratssitz wahrnehmen. Ihre Stellungnahme zu der Sprühparole an ihrer Hauswand — „M. ist eine Faschistin“ ist dort zu lesen —: Sie sei keine Faschistin, sondern eine Anhängerin der untergegangenen Habsburger Monarchie.

Die anderen Fraktionen der Beiräte — von Grün bis Schwarz — reagieren ablehnend auf die Anschläge. Mit Gewalt sei gegen die DVU nichts zu erreichen, man müsse sich mit ihr argumentativ auseinandersetzen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung des Stadtteil-Parlamentes Vahr. Der Ortsamtsleiter dieses Stadtteils spricht sogar von „faschistischen Mitteln“, die gegen die DVU-VertreterInnen angewandt würden. Er bot der DVU-Frau seinen persönlichen Begleitschutz für ihren Weg zur Sitzung an, was diese jedoch ablehnte.

Der inzwischen zurückgetretene DVU-Vertreter Beyer wurde auf dem Weg zur konstituierenden Sitzung seines Beirates von einer kleinen Demonstration empfangen. Die DemonstrantInnen — nach eigenen Angaben hatten sie mit dem Anschlag in der vorangegangenen Nacht nichts zu tun — erklärten dem DVU-Mann: Die DVU sei mitverantwortlich dafür, daß Ausländerheime brennen. Deshalb brauche er sich nicht zu wundern, wenn antifaschistische Parolen an sein Haus gesprüht würden.

Auch in der Bürgerschaft, dem Bremer Landtag, hat die DVU inzwischen ein Mandat verloren. Hans Altermann, der schon in der vergangenen Wahlperiode die Rechtspartei im Parlament vertreten hatte, ist aus der DVU ausgetreten und arbeitet als fraktionsloser Abgeordneter weiter. Verliert die DVU noch einen weiteren Sitz in der Bürgerschaft, ist sie den Fraktionsstatus los.

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