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Die ehemaligen Überwacher überwachen wieder

■ Die frühere »Kaderabteilung« des Klinikums Buch soll künftig die Ärzte und das Pflegepersonal auf eine eventuelle Stasi-Mitarbeit überprüfen/ Personalrat will bisherige Arbeitsgruppe von »vertrauenswürdigen« Angestellten beibehalten

Buch. Der Personalrat des Klinikums Buch betrachtet die Überprüfung der »Vergangenheit« der insgesamt 5.000 MitarbeiterInnen des Klinikums als stark gefährdet. Eine unabhängige Aufarbeitung sei nach den jüngsten Beschlüssen des Bezirksamts Pankow nicht mehr gewährleistet, weil die dafür zuständige Arbeitsgruppe aufgelöst werden soll, sagte gestern der Personalratsvorsitzende Herbert Kobischke auf einer Pressekonferenz.

Um die MitarbeiterInnen des Klinikums auf eine mögliche Stasi-Tätigkeit hin zu überprüfen, waren bisher sowohl eine vom Bezirksamt Pankow eingesetzte Anhörungskommission als auch eine ihr zuarbeitende Arbeitsgruppe eingesetzt.

Die Arbeitsgruppe setzte sich nach Kobischkes Worten aus »besonders vertrauenswürdigen« Mitarbeitern zusammen und war von der Klinikleitung bestätigt worden. Obwohl der Gruppe von mehreren Seiten »sehr gute Arbeit« bestätigt worden war, sollte ihr am Ende der vergangenen Woche nach einem Beschluß des Pankower Bezirksamtes zunächst die Tätigkeit untersagt werden. Statt dessen sollte die Personalabteilung des Klinikums ihre Aufgaben übernehmen.

Die Personalabteilung war bereits zu DDR-Zeiten für die Einstellungen und politische Überwachung der Angestellten zuständig. Daß einige ihrer Mitglieder jetzt wieder mit der Überprüfung der Angestellten beauftragt werden sollen, versetzt den Personalratsvorsitzenden Kobischke in Rage: »Die Personalabteilung des Klinikums rekrutiert sich in der Mehrzahl aus Mitarbeitern, die in der ehemaligen Kaderabteilung tätig waren.« Diese Mitarbeiter bildeten ein solch »undurchsichtiges Geflecht«, daß der Personalrat nicht bereit ist, ihnen die vorbereiteten Unterlagen für die Personalüberprüfung anzuvertrauen, solange sie nicht von der Gauck-Behörde überprüft worden seien.

Der Beschluß des Bezirksamtes ist zwar nach heftigen Protesten zurückgenommen worden, dennoch kann die ursprüngliche Arbeitsgruppe ihrer Tätigkeit nicht weiter nachgehen. Denn für ihre Besetzung soll künftig der Verwaltungsleiter des Klinikums zuständig sein. Und dieser will lieber Mitglieder aus der belasteten Personalabteilung in der Arbeitsgruppe sehen als Angestellte aus dem übrigen Klinikbereich. Der Gesundheitsstadtrat Dietrich Hölzer (Bündnis 90), der im Bezirk Pankow für solche Überprüfungen zuständig ist, zeigt sich zwar auch nicht zufrieden mit der Regelung, meint aber, sie unter Berufung auf das geltende Arbeitsrecht akzeptieren zu müssen.

Der Personalrat sagt, er könne sogar belegen, daß die Personalabteilung die Stasi-Vergangenheit von Klinikmitarbeitern vertusche und die Einstellung entsprechend belasteter Personen gefördert habe. So beendeten zwei Fachärztinnen für Anästhesie fast zeitgleich ihre Ausbildung zur Fachärztin am Klinikum Buch. Während Frau A nur in diesem Klinikum ausgebildet worden sei, habe Frau B den Großteil ihrer Ausbildung im Krankenhaus des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) absolviert.

Frau A habe einen auf ein halbes Jahr befristeten Arbeitsvertrag erhalten, Frau B sollte auf Vorschlag der Personalabteilung des Klinikums in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden, während der Personalrat jedoch ihre Anstellung abgelehnt habe. In einem anderen Fall weigerte sich die Personalabteilung, dem Personalrat Auskunft über die Einstellung eines ehemaligen Oberstleutnant des MfS zu geben. lada

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