Treuhand bleibt hart gegen die Stahlarbeiter

Berlin (taz) — Die Stahlarbeiter aus Henningsdorf und Brandenburg beißen auf Granit. Die Treuhand bestätigte gestern noch einmal, daß sie ihre Entscheidung über den Verkauf der beiden Stahlwerke an die italienische Riva-Gruppe trotz aller Proteste aus Belegschaft und Bevölkerung durchziehen will. Treuhandsprecher Wauschkuhn erklärte, an diesem Sachstand habe sich durch die laufenden Gespräche mit der brandenburgischen Landesregierung, der Industriegewerkschaft Metall und dem unterlegenen deutschen Konsortium aus der Badischen Stahlwerke AG, der Thyssen Stahl AG und der Saar Stahlwerke AG nichts geändert. Der Anfang der Woche vom Treuhand- Vorstand getroffene Beschluß müsse noch vom Verwaltungsrat und vom Bundesfinanzministerium bestätigt werden. Nachdem sich Bundeskanzler Kohl zum Auftakt der deutsch-italienischen Regierungsgespräche am Donnerstag für die Riva-Option stark gemacht hatte, gibt es kaum noch Zweifel daran, daß diese Bestätigung erfolgt. Die Beschäftigten beider Werke, ihre Betriebsräte und Gewerkschaften dagegen kämpfen für die Annahme des deutschen Angebots — nicht weil es ein deutsches ist, sondern weil es aus Sicht der Beschäftigten günstiger ist. Während die Riva 900 Arbeitsplätze in Brandenburg und 1.050 Arbeitsplätze in Henningsdorf vertraglich garantieren will, sieht das Konzept der deutschen Gruppe kurzfristig 2.350, mittelfristig 1.850 Arbeitsplätze in beiden Werken vor. Die Stahlarbeiter von Henningsdorf, die seit einer Woche ihr Werk besetzt halten, wollen trotz der harten Position der Treuhand weiterkämpfen. Auf einer außerordentlichen Betriebsversammlung im Freien vor dem Kulturhaus des Stahlwerks, an der auch zahlreiche Anwohner teilnahmen, kündigte der Betriebsratsvorsitzende Peter Schulz die Fortsetzung der Besetzungsaktion an. Montag morgen sollen die Beschäftigten auf einer weiteren Betriebsversammlung über die weiteren Verhandlungen mit beiden Anbietern und der Treuhand informiert werden. Der zuständige Oranienburger IG- Metall-Bevollmächtigte Phillip Becker äußerte am Freitag den Verdacht, dem italienischen Konzern gehe es vor allem um das weiträumige Firmengelände des Henningsdorfer Stahlwerks. Während die deutsche Gruppe nur das unmittelbar betriebsnotwendige Gelände beanspruche, wolle die Riva-Gruppe das gesamte riesige Areal von über 1,7 Millionen Quadratmetern angeblich als „Vorhaltung“ für mögliche zukünftige Entwicklungen. Gleichzeitig aber bleibe der italienische Konzern mit 47 Millionen Mark um 3 Millionen unter dem Angebot der Deutschen. Bleibe es bei der Treuhand-Entscheidung, würden kurzerhand rund 1 Million Quadratmeter wertvolles Industriegelände vor den Toren Berlins verschenkt. marke