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Krise beigelegt

■ Rundfunkrat des ODR billigte Personalvorschläge des Intendanten

Potsdam (dpa/bb) — Personalentscheidungen sind Hintergrund einer Krise im Ostdeutschen Rundfunk (ODR), die auf einer Sondersitzung des Rundfunkrates am Dienstag abend nach heftigen Auseinandersetzungen beigelegt werden konnte.

Kurz nach der Wahl des Verwaltungsrates vor einer Woche hatte der gleichfalls erst kurze Zeit amtierende Intendant Hansjürgen Rosenbauer eine Tischvorlage mit Personalvorschlägen für die Direktion des brandenburgischen Senders vorgelegt, die das Gremium auch verabschiedete. Dagegen lehnten sich Mitglieder des Rundfunkrates auf, beriefen eine Sondersitzung ein — und wollten sogleich die Öffentlichkeit ausschließen. Die dafür notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde im ersten Anlauf verfehlt.

„Wir fühlen uns über den Tisch gezogen“, artikulierte der in Medienfragen besonders ambitionierte SPD-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Birthler sein Unbehagen über die Wahl der Direktoren, unterstützt von seinen Amtskollegen von der FDP und Bündnis 90/Grüne. Es war eine Konstellation wie im Landtag, die Ampel blinkte grell, und die Opposition in Gestalt des Abgeordneten Markus Vette von der CDU mußte sich dem Verdacht erwehren, bewußt die Gremien umgangen zu haben.

Als schließlich die Vorwürfe immer lauter wurden, erreichten die Anhänger des Ausschlusses der Öffentlichkeit schließlich die dafür notwendige Stimmenzahl. Zuvor hatte Intendant Rosenbauer mit freundlicher Stimme, jedoch unmißverständlich klargemacht: Es werde derzeit unter Ausnahmebedingungen gehandelt, und wer alles nach formalen Gesichtspunkten zu regeln wünsche, könne den Start der neuen Rundfunkanstalt getrost um ein Jahr verschieben. Nun muß vieles pragmatisch und schnell entschieden werden. Daß dies bei einem derartig hochkarätig besetzten Rundfunkrat auf Widerstand stoßen mußte, war fast vorhersehbar. Der überzeugend argumentierende Intendant wird noch einige Zeit brauchen, um seine Gremien in die kleinen und großen Geheimnisse beim Aufbau der neuen Landesrundfunkanstalt einzuweihen.

Erst hinter geschlossenen Türen gestand Rosenbauer sein Dilemma bei der Besetzung eines Führungspostens, der ihm besonders angekreidet worden war: Gerhard Hirschfeld, 50jähriger Ex-Chefredakteur der SPD-Zeitschrift 'Vorwärts‘ und stellvertretender Gründungsintendant habe nicht den Vorzug bekommen, weil er aus dem Westen komme, sondern weil die Ost-Kandidaten sich gegenseitig ausschlossen.

Der Chef des Landessenders „Antenne Brandenburg“, Alexander Jereczinsky, wollte nicht unter einem Hörfunkdirektor Christoph Singelnstein, derzeit noch Intendant des Funkhauses Berlin, arbeiten, und auch umgekehrt gab es offenbar wenig Bereitschaft dazu. Hirschfeld war die Chance, beide Kandidaten als Wellenchefs von „Antenne“ und dem neukonzipierten „Radio Brandenburg“ für den ODR zu gewinnen. Das überzeugte auch den aufgebrachten Rundfunkrat. Die Krise war mit dem Hinweis auf die schnelle Geburt beigelegt.

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