: Mietsteigerungen indirekt aufhalten
■ Bausenator Nagel sucht nach Möglichkeiten, dem Mietwucher entgegenzutreten/ Besondere Stellen gegen Mietkriminalität bei Polizei und Staatsanwaltschaft/ Bauetat von 4,25 Milliarden Mark
Berlin. Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) sieht keine Chance mehr, die zum Jahresende auslaufende Kappungsgrenze bei Neuvermietungen von Altbauwohnungen zu verlängern. Ein entsprechender Vorstoß Berlins war vom Bonner Kabinett abgelehnt worden. Der Senat werde Mieter nicht schutzlos lassen, sagte Nagel in der Debatte um seinen Haushalt. Es sei beabsichtigt, die Wohnungsbaugesellschaften, die rund 100.000 Wohnungen in der Stadt verwalten, dazu zu verpflichten, sich indirekt an die Kappungsgrenze zu halten. Außerdem müßten mit einer »Mietwucherkampagne« die schlimmsten Auswüchse verhindert werden. Weiter beabsichtige er, den Innensenator zu bitten, die Einrichtung besonderer Stellen gegen Mietkriminalität bei Polizei und Staatsanwaltschaft zu prüfen, sagte der Senator.
PDS und Bündnis 90/Grüne warfen Nagel vor, keine angemessenen Konzepte zur Bewältigung der Wohnungsnot zu haben. Immer weniger Menschen könnten sich die explosionsartig gestiegenen Mieten noch leisten. Elisabeth Ziemer vom Bündnis 90/Grüne warf dem Senat vor, die Mieter zu verschaukeln. Der Haushalt 1992 stelle die Weichen für die Verdrängung eines großen Teils der Bevölkerung. Im Gegensatz zu den anderen Parteien wandte sich der FDP-Abgeordnete Gerhard Schiela gegen regulierende Eingriffe in den Mietenmarkt. Es sei nicht möglich, die Wohnungsknappheit mit einem Mietpreisstopp zu beheben.
Nagel wies den Vorwurf zurück, im Wohnungsbau geschehe zu wenig. Mit dem vorliegenden Haushalt würden die notwendigen Investitionen in Baumaßnahmen stabilisiert und in wesentlichen Bereichen sogar noch gesteigert. Dies sei angesichts der Sparzwänge eine »gewaltige Leistung«. Die aktuellen Bewilligungszahlen lägen über den absoluten Vergleichszahlen des Vorjahres. Es sei aber abzusehen, daß nur unter großen Kraftanstrengungen das für 1992 vorgesehene Gesamtprogramm von 14.000 öffentlich geförderten Wohnungen erfüllt werden könne. Der Senat werde jedoch »nicht um jeden Preis« den Wohnungsbau fördern, sagte er unter Hinweis auf den zunehmenden Druck von Bauherren.
Nagel betonte zudem, daß die Planung eines Wohnungsbauprogramms in der notwendigen Größenordnung ihre Zeit brauche, wenn man sich nicht an den Großsiedlungen der 60er und 70er Jahre orientieren wolle. Es wäre unverantwortlich, heute unter dem Diktat der Wohnungsengpässe »erneut gesichtslose Trabantenstädte aus dem Boden zu stampfen«. Der Etat der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen wurde mit den Stimmen der Senatsfraktionen CDU und SPD angenommen. Er ist mit Ausgaben von rund 4,25 Milliarden Mark der zweitgrößte Titel im Gesamthaushalt. dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen