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Wahlen in Moldawien

■ Präsidentenwahl in Moldawien von Putschgerüchten überschattet/ Hilferuf an die UNO

Moskau (dpa) — Überschattet von Putschgerüchten hat die Bevölkerung der an Rumänien grenzenden Republik Moldawien am Sonntag erstmals den Präsidenten in direkten und geheimen Wahlen bestimmt. Wie der Chef der zentralen Wahlkommission in Kischinjow, Wladimir Kiktenko, auf Anfrage mitteilte, wurden am Wahltag selbst zunächst keine Zwischenfälle gemeldet. Seinen Angaben zufolge machten bis 12 Uhr bereits mehr als 50 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch. Einziger Präsidentschaftskandidat war der gegenwärtige moldawische Parlamentspräsident Mircea Snegur.

Unmittelbar vor den Wahlen hatte sich die politische Führung in Kischinjow mit einem Aufruf an die Vereinten Nationen gewandt, in dem sie die sowjetischen Streitkräfte in der Region der offenen Aggression bezichtigte. Das Verteidigungsministerium in Moskau wies auf Nachfrage der amtlichen Nachrichtenagentur 'Tass‘ diese Vorwürfe am Samstag als unbegründet zurück. Die Wahlkommission bezeichnete die Lage in Kischinjow am Sonntag als völlig ruhig. Militärs seien nicht beobachtet worden. Der Chef der Verwaltung des Innenministeriums erklärte indes gegenüber 'Tass‘, Militärhubschrauber hätten in verschiedenen Städten und Regionen Flugblätter mit dem Aufruf zum Wahlboykott abgeworfen.

In Moldawien war es am Samstag zu Zusammenstößen zwischen russischen Milizen und der moldawischen Polizei gekommen. Der moldawische Minister für nationale Sicherheit, Anatol Plugaru, hatte mitgeteilt, die russische „Nationalgarde“ in der Nähe der ostmoldawischen Stadt Bendery habe das Feuer auf ein Fahrzeug der Polizei eröffnet. Dabei sei ein Zivilist schwer verletzt worden. In Slobosia besetzten mehr als 15 mit Kalaschnikows bewaffnete russische Milizionäre eine Polizeistation. Die Polizisten räumten die Station ohne Widerstand. Sie hatten Plugaru zufolge die Anordnung erhalten, sich nicht provozieren zu lassen.

Auch in der überwiegend von Russen und Ukrainern bewohnten ostmoldawischen Region Dnjestr patrouillierten nach Angaben der moldawischen Behörden russische Milizionäre zusammen mit sowjetischen Soldaten durch die Straßen der Städte Tiraspol, Grigoriopol und Dubossary. Dnjestr hatte sich am Sonntag nach einem selbst veranstalteten Referendum und einer eigenen Präsidentschaftswahl für unabhängig erklärt. Eine russische „Nationalgarde“ kontrolliert seither die „Grenzen“ zu Moldawien. Am Freitag waren in Dnjestr umfangreiche Truppenbewegungen der sowjetischen Armee gemeldet worden.

Die rumänische Regierung hat am Samstag den Abzug der sowjetischen Truppen aus dem Osten der Sowjetrepublik Moldawien gefordert. In einer Erklärung des Außenministeriums in Bukarest hieß es, die Sowjettruppen in diesem Gebiet unterstützten die dortigen „Separatisten“ und gefährdeten die Souveränität der moldawischen Führung. Die rumänische Regierung sei „tief besorgt“ über die Lage in dieser Region.

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