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Noch Hoffnungen für AEG-Olympia

Einstellung der Büromaschinen-Produktion in Wilhelmshaven beschlossen/ Alternativkonzept noch offen  ■ Aus Bremen Hannes Koch

Ob sich die Fahrt mit dem Sonderzug zur AEG-Zentrale in Frankfurt gelohnt hat, wissen die Beschäftigten des Olympia-Werkes in Wilhelmshaven noch nicht. Während 1.500 OlympianerInnen vor der Konzern- Zentrale für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstrierten, beschloß der AEG-Aufsichtsrat am späten Montag abend, die Produktion von Büromaschinen in Wilhelmshaven bis spätestens Ende 1992 einzustellen. Das Trostpflaster: Eine Arbeitsgruppe des Daimler-Benz-Konzerns soll bis Februar 1992 überlegen, wie durch Produktionsumstellung möglichst viele Arbeitsplätze erhalten werden können.

Der AEG-Konzern rechnet damit, daß die Olympia-Werke alleine im Jahr 1991 einen Verlust von 150 Millionen einfahren. Deshalb plante AEG, den Standort in Wilhelmshaven mit seinen 2.700 Arbeitsplätzen zu schließen. Die Arbeitslosigkeit in Wilhelmshaven würde dadurch auf etwa 25 Prozent emporschnellen. Daß die Produktion von Büromaschinen bei Olympia nicht mehr haltbar ist, ist auch dem Betriebsrat und der IG Metall klar. Die Gewerkschaftsvertreter im AEG-Aufsichtsrat stimmten der Produktionseinstellung deshalb zu. In der Erklärung der AEG hieß es, der Vorstand wolle bei der Umsetzung des Ausstiegsbeschlusses „im Rahmen des wirtschaftlich Tragfähigen“ möglichst viele Arbeitsplätze sichern. Die Beschäftigten und der Olympia-Betriebsrat setzen jetzt alle Hoffnungen in den zweiten Teil des Aufsichtsratsbeschlusses. Eine „Konzern-Arbeitsgruppe“ von Daimler-Benz, die auf Druck der Betriebsräte gebildet wurde, soll Ideen für alternative Produktionen entwickeln. In der Arbeitsgruppe sitzen neben den Repräsentanten der Konzernspitze von Daimler-Benz auch drei Vertreter des Olympia-Betriebsrates.

Der Betriebsrat kann bereits ein Diskussionspapier in die Verhandlungen einbringen. Die Arbeitnehmervertreter haben die Produktion in Wilhelmshaven durchforstet und festgestellt, daß schon heute etwa 900 Beschäftigte Produkte herstellen, die mit Bürokommunikation nichts zu tun haben: beispielsweise Akkuladegeräte und Kaffeemaschinen. Der Olympia-Betriebsrat fordert nun, daß zusätzliche Produktionssparten aus dem riesigen Daimler-Benz-Konzern nach Wilhelmshaven abgezweigt werden sollen, um möglichst viele Arbeitsplätze zu halten. Dieses Konzept wird vom Konzernbetriebsrat von Daimler-Benz und dem AEG-Gesamtbetriebsrat der AEG unterstützt. Auch der IG- Metall-Vorsitzende Franz Steinkühler hat seine Unterstützung zugesichert und bereits vergangenen Freitag „Unruhe“ unter den Daimler-Beschäftigten angekündigt, falls das Konzept nicht die Zustimmung der Konzernleitung finde.

Doch der Olympia-Betriebsrat weiß noch nicht so recht, was er vom Beschluß des Aufsichtsrates halten soll. „Was das jetzt konkret für die Arbeitsplätze heißt, ist unklar geblieben“, sagt Betriebsrat Ronald Smolawa. Die Konzernarbeitsgruppe schätzt er so ein: „Es ist auch noch nicht klar, ob es eine richtige Arbeitsgruppe wird. Die können ja auch sagen: Das Konzept des Betriebsrates ist Quatsch.“ Auch ein Sprecher des niedersächsischen Wirtschaftsministers in Hannover hofft, daß der Daimler-Benz-Konzern keine Hinhaltetaktik betreibt.

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